Der Ausblick für Franken-Kreditnehmer im Mai 2022
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Der Ausblick für Franken-Kreditnehmer im Mai 2022

Wer einen in diesem Jahr fällig werdenden Franken-Fremdwährungskredit am laufen hat, wünscht sich, dass eine Ausnahmeregelung zum tragen kommt: Ist 2022 eines dieser Jahre, in dem der Euro gegenüber dem Schweizer Franken stärker wird? Für Schuldner mit späteren Fälligkeiten wäre es auch besser, ginge der Euro von einem möglichst hohen Plateau ins Jahr 2023.

Der Euro hat eine Zerreißprobe überstanden. Aktuell gibt es für ihn mit 1,03 Franken so viel (oder wenig) wie zu Jahresbeginn. Der vom Ukraine-Krieg verursachte Absturz auf 0,9970 war nur von kurzer Dauer. Die Gefahr, dass sich der Euro-Franken-Kurs 2022 dauerhaft unter 1 zu 1 einnistet, ist gebannt.

Für Franken-Fremdwährungskreditnehmer ist die dreimal so hohe Inflation gegenüber der Schweiz ein Ärgernis: Weil sie in Franken tilgen, haben sie praktisch nichts von der hohen Geldentwertung zu Hause. In der Schweiz ist die Inflation im internationalen Vergleich mit 2,5% sehr niedrig. Wer einen Euro-Kredit am laufen hat, profitiert hingegen von Inflationsraten in Österreich und Deutschland von 7-8%.

Einen Franken-Kredit zerbröselt die Inflation nicht so schön wie einen Euro-Kredit.

Normalerweise drückt die Inflationsdifferenz den Euro-Franken-Kurs jedes Jahr nach unten. Bis zur Covid-Pandemie hatte der Euroraum im Schnitt 1-1,5% mehr Geldentwertung als die Schweiz. Entsprechend schwächte sich der Euro jedes Jahr um etwa 1,5% gegenüber dem Schweizer Franken ab.

Schonfrist

Inzwischen hat sich die Inflationsdifferenz auf 5% erhöht. Man muss also damit rechnen, dass es mit dem Euro-Franken-Kurs um 5% auf 0,98 runtergeht. Es gibt aber keinen Automatismus. Hinzu kommt: Die Devisenmärkte werden sehr viel stärker von den Erwartungen, die Notenbanker kommunizieren, beeinflusst, als das noch vor zehn oder zwanzig Jahren der Fall war.

Inzwischen vergeht fast kein Tag mehr, an dem sich nicht ein Notenbanker zu Wort meldet, um Zinsfutures und die von den Finanzmärkten ermittelten Wahrscheinlichkeiten für Leitzinserhöhungen zu kalibrieren. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist aktuell dabei wiederzuentdecken, dass ein stärkerer Euro auch seine Vorzüge hat.

Wird der Euro zum US-Dollar stärker, schwappt weniger importierte Inflation in den Euroraum hinein. Dies führt wiederum dazu, dass man mit weniger Leitzinserhöhungen auskäme.

Allein das Gerede der Notenbanker über Zinserhöhungen kann die Euro-Abschwächung zum Franken wegen der Inflationsdifferenz für einige Monate außer Kraft setzen. Der Euro würde dann zum Schweizer Franken steigen. 2023 müsste die EZB allerdings die Hosen runterlassen und von ihren großspurig angekündigten Leitzinserhöhungen wieder Abstand nehmen.

Bis dahin kann dem Euro allerdings ein Ausreißer-Jahr gelingen. Er würde nach 2017 zum ersten Mal gegenüber dem Schweizer Franken wieder zulegen. Zwar dürfte es sich für einen Wechselkurs mit einer eins als erster Nachkommastelle nicht ausgehen. Liefe es für den Euro rund, wäre allerdings ein Anstieg auf 1,08 Franken möglich.

Das wäre dann für Franken-Fremdwährungskreditnehmer ein optimaler Zeitpunkt in einen Euro-Kredit zu konvertieren. Sie wären das Wechselkursrisiko los und würden von der schuldnerfreundlichen hohen Inflation stärker profitieren.