EUR/CHF-Ausblick: Hier braut sich was zusammen
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EUR/CHF-Ausblick: Hier braut sich was zusammen

Zwar hat sich der Schweizer Franken seit Jahresbeginn bereits um 3% zum Euro aufgewertet. Fundamental und charttechnisch bleibt er aber attraktiv. Hinter den Kulissen läuft ein Starkwährungskrieg, an dem die Schweiz seit Kurzem teilnimmt. Den Euro hat mit dem neu aufgetauchten Leistungs (-bilanz) problem eine Baustelle mehr.

"Wir haben nun eine Situation, in der eine starke Währung hilft, die binnenwirtschaftlichen Probleme der einzelnen Länder zu lösen." Darauf weist der Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin, Karsten Junius, im Gespräch mit cash.ch hin.

Mit ihrer überraschenden Leitzinserhöhung um einen halben Prozentpunkt trat die Schweizerische Nationalbank (SNB) in diesen Starkwährungskrieg in. Bis dahin war der Franken in der Year-to-Date-Betrachtung zum Euro unverändert.

Von dem SNB-Paukenschlag hat sich der Eurokurs bisher nicht erholt. Auf den Abwärtsstoß (Spike) folgt gerade der Abwärts-Channel. Das Kursziel für den EUR/CHF in den nächsten Wochen ist 0,9970.

EUR/CHF Entwicklung Kerzenchart Ende Juni 2022

Die von der Europäische Zentralbank (EZB) für Juli in Aussicht gestellte "kleine" Leitzinserhöhung um 0,25% ist zu wenig, um den Euro aufzupäppeln. Überdies hat die SNB bereits eine weitere Zinserhöhung für September signalisiert.

Er könne sich nicht an eine Zeit erinnern, in der Industriestaaten derart aggressiv darauf abzielten ihre Währungen stärker zu machen. Das meint der Chef-Währungsstratege Michael Cahill von Goldman Sachs.

Das Zurückdrehen der Globalisierung und die rasant gestiegenen Preise für fossile Energieträger und Rohstoffe machen eine starke Währung in den Augen der Wirtschaftspolitik attraktiv.

Paradigmenwechsel

Ein Blick auf die Leistungsbilanz der Eurozone zeigt ein bedeutsame Veränderung: Zwischen 2012 und 2022 erwirtschafteten die Euroländer, in erster Line Deutschland, hohe Exportüberschüsse. Damit wurden dann die Löcher im Süden gestopft.

Seit einigen Monaten ist die Leistungsbilanz der Eurozone negativ. Als sie im Jahr 2008 negativ geworden war, kam der Euro zum Franken unter die Räder. Der EUR/CHF-Kurs stürzte von 1,62 auf 1,01 ab.

Dann machten die Euroländer ihre Leistungsbilanz, vor allem durch einen weichen Euro zum US-Dollar und zum chinesischen Yuan, positiv. Das war aus der Sicht der Wirtschafts- und Sozialpolitiker der gemütlichere Weg, als er erlaubte sich vor Strukturreformen zu drücken.

Gleichzeitig führte die SNB den Mindestkurs bei 1,20 ein. Das brachte etwas Stabilität. Allerdings schwächte sich der Euro zum Franken weiter ab, wenn auch deutlich langsamer als zwischen 2008 und 2011.

2022 funktioniert die auf Leistungsbilanzüberschüssen basierte Wachstumsformel der Eurozone nicht mehr. Merkel, Macron und Draghi haben quasi die Setzkartoffeln verspeist und nun wächst nichts mehr nach.

Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien haben keine Reformen angepackt, um den Wohlstand für die auf die geburtenstarken Jahrgänge folgenden Generationen zu sichern.

Schweiz

Demgegenüber hat die Schweiz durch eine kluge Wirtschaftspolitik gemacht und mit der Aufhebung des Mindestkurses die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirtschaft weiter erhöht.

Der starke Schweizer Franken ist daher Ausdruck einer starken Volkswirtschaft, der schwache Euro der einer schwachen Volkswirtschaft.

Der Euro wird auch wegen dem gerade finalisierten Anti-Fragmentierungs-Tool der Europäischen Zentralbank (EZB), das zugleich ein Anti-Strukturreform-Tool ist, schwach bleiben.

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