Der Euro schiebt die Rückeroberung der Parität auf die lange Bank, und so findet sich der EUR/CHF-Kurs bei 0,98 wieder. Die überraschende Zinserhöhung der EZB um 0,50% kommt in Begleitung eines schrecklichen Verdachts. Dem Euro läuft die Zeit davon.
Mit ihrer Leitzinserhöhung um 0,50% hat die Europäische Zentralbank (EZB) überrascht. Die Finanzmärkte hatten einen kleinen Zinsschritt von 0,25% auf dem Zettel. Zu dem wäre es wohl auch gekommen, hätten Deutsche Bundesbank nebst anderen stabilitätsorientierten Nord-Notenbanken des Eurosystems nicht ein neues Staatsanleihen-Kaufprogramm abgesegnet.
Offene Fragen:
- Was ist für den Euro eine Leitzinserhöhung wert, wenn bald wieder Staatsanleihen gekauft werden?
- Kommt die Zinserhöhung überhaupt einer geldpolitischen Normalisierung gleich oder handelt es sich um eine Mogelpackung?
- Sinken die Chancen des Euro gegenüber dem Schweizer Franken bestehen zu können weiter?
Das Transmission Protection Instrument (TPI) soll aktiviert werden, "um ungerechtfertigten Marktdynamiken entgegenzuwirken, sagt die EZB. Zu deutsch: Wenn Italiens 10-Jahreszins nach Mitte Juni erneut über 4% steigt, wird die EZB wieder die Staatsanleihen des Stiefellandes kaufen.
Italiens Schuldscheine will niemand: Zu niedrig das Potenzialwachstum, zu hoch die politische Instabilität. Bundesbank-Chef Nagel hatte vor zwei Wochen das TPI noch scharf kritisiert. Die EZB würde sich in "gefährliches Fahrwasser" begeben. Nun hat er es also abgesegnet. Für seine Zustimmung hat er wohl die 0,50% bekommen.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB), die sich im Gegensatz zur EZB zu 100% der Inflationsbekämpfung verschreibt, kann nun mit ihren Plänen voranschreiten, den Leitzins um satte 0,75% anzuheben. Das ist eine weitere Folge des Kuhhandels TPI gegen 0,50% Zinserhöhung. Der Abwärtsdruck auf den EUR/CHF-Kurs wird sich ab September verstärken.
Zum Thema: Schweizer Notenbank vor nächstem Paukenschlag
Der erste Versuch des EUR/CHF-Kurses, aus dem Abwärtskanal auszubrechen, scheiterte. Noch ist es zu früh das Handtuch zu werfen. Der Schweizer Franken wird den Euro noch einmal an der Parität schnuppern lassen, bleibt das charttechnische Basisszenario. 1,05 oder 1,10 Franken sind für den Euro jedoch außer Reichweite
Der Euro ist jetzt gefordert: Er muss die obere Abwärtskanal-Linie als Untersützung nutzen. Dann wäre eine zweite Erholung möglich. Die Parität könnte nach einem vorherigen Rücksetzer an der 20-Tage-Linie doch noch überschritten werden.