Die Wirtschaft im Euroraum ist am schrumpfen, und so ist der EUR/CHF-Kurs in der verzwickten Lage 0,92 ebenso nah oder fern zu sein wie 1,04. Untermauert wird die anhaltende Schwächephase des Euro von einer One-and-Done-Zinserhöhung und Österreichs Notenbankchef Holzmann.
Beim Tauziehen zwischen der dem Euro aktuell gewogenen Charttechnik und den Fundamentaldaten liegen letztere vorne. Der Schweizer Franken hat damit leichtes Spiel den Euro bei 0,98 auf Distanz zur Parität zu halten. Neuen Einkaufsmanager-Daten zufolge kann der Euroraum einpacken.
"Eurozone rutscht im Juli in die Kontraktionszone", teilte S&P Global ein Tag nach einer überraschend EZB-Leitzinserhöhung um 0,50% mit. Der Abwärtstrend dürfte sich im Laufe des Sommers weiter beschleunigen, so der Ausblick von Chefvolkswirt Chris Williamson.
Ob weitere Leitzinserhöhungen kommen, könne man erst im Herbst sagen, erklärt Robert Holzmann, Gouverneur der Österreichischen Nationalbank (OeNB), im ORF. Es bestehe die Gefahr, dass die Wirtschaft weniger stark wachse. Daher müsse man mit Zinserhöhungen vorsichtig sein.
Dass nun auch der Vertreter einer nordeuropäischen Notenbank trotz rekordhoher Euro-Inflation von 8,6% an der immer noch radikal anmutenden Geldpolitik festhalten will, ist bemerkenswert. Es zeigt: Die Europäische Zentralbank (EZB) ist eine Wirtschaftsregierung. Ihre Aufgabe für Preisstabilität zu gewährleisten, hat sie über Bord geworfen.
Der EZB-Rat will es ganz offenbar bei einer Leitzinserhöhung belassen. Man vertraut darauf, dass die Rezession die Inflation drückt. Mittelfristig droht der Euro erneut in einen Abwärtsstrudel zu geraten, zumal die Schweizerische Nationalbank (SNB) für September eine Monster-Leitzinserhöhung in Aussicht gestellt hat.
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SNB knapp bei Kasse
Obschon der Euro dem Schweizer Franken klar unterlegen ist, könnte er sich bis Herbstanfang stabilisieren. Dieses kurzfristige Erholungspotenzial wird von einer in Finanznöten steckenden Schweizerischen Nationalbank (SNB) untermauert.
Weil die vielen Euro, die die SNB während des Schmutzigen Floating 2009-2021 (Jordan leint CHF ab) anhäufte, immer weniger wert werden, schreibt sie riesige Verluste. Ein Minus von 80 Milliarden Franken werden allein im 1. Halbjahr sein. Das kratzt an der Glaubwürdigkeit der SNB und könnte vom Devisenmarkt im volumenschwachen Sommerferienmonat August zu Lasten des Frankens ausgelegt werden.
"Langfristig wird die Nationalbank kein Geld für große Ausschüttungen haben", sagte der Wirtschaftsexperte Klaus Wellershoff im Gespräch mit "Basel Online". Bund und die Kantone müssen als künftig auf die Milliarden von der SNB verzichten.
Ausblick
Den Euro kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschreiben. Obschon es sich abzeichnet, dass die EZB nur einmal ihren Leitzins erhöht haben wird, bevor die tiefe Rezession kommt, hat er aktuell etwas Platz nach oben. Solange der Schweizer Franken den Euro nicht unter 0,98 drücken kann, ist dieser positive Ausblick intakt.
Im Herbst läuft dann die Schonfrist des Euro. Die schrumpfende Eurozonen-Wirtschaft wird die Inflation auf etwa 4-6% gedrückt haben. Die Teuerung ist damit aus der Sicht der EZB-Wirtschaftsregierung unproblematisch.