Die Abschwächung des Euro wegen hoher Geldentwertung setzt sich fort, und so steht der Eurokurs davor auf Rekordtiefs zum Schweizer Franken zu fallen. Deutschlands Bundesbankchef kündigt eine zweistellige Inflation an. Der Schweizer Franken steigert seinen auf der Kaufkraftparität basierenden fairen Wert ins Unermessliche.
"In Summe ist in den Herbstmonaten sogar eine Inflationsrate von zehn Prozent möglich", sagt Joachim Nagel der Rheinischen Post. "Das Thema Inflation wird 2023 nicht verschwinden", warnt der von Kanzler Scholz ernannte Präsident der Deutschen Bundesbank.
Der auf der Kaufkraftparität basierende faire Wechselkurs sank in den letzten zwölf Monaten erdrutschartig. Hintergrund: Die Inflationsdifferenz zwischen dem Euroraum und der Schweiz hat sich auf sechs Prozent ausgeweitet. Zwischen 2002 und 2020 lag sie im Schnitt bei 1-1,5%
"Aufgrund der Unterschiede in der Inflationsentwicklung ist der faire Wert des EUR/CHF-Wechselkurses nach unserer Berechnung der relativen Kaufkraftparität mit 0,87 sogar noch deutlich tiefer, als der aktuell gehandelte." Das sagt die Neue Bank aus Liechtenstein, wo bekanntermaßen mit dem Franken bezahlt wird.
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Fairer Wechselkurs bedeutet, dass das gleiche Gut in der Schweiz und der Eurozone wechselkursbedingt nicht unterschiedlich teuer sein kann. Aktuell hat der Franken eine niedrigere Kaufkraft als der Euro. Um Kaufkraftparität herzustellen, müsste EUR/CHF also auf 0,87 sinken.
"Langfristig entscheidend für den starken Franken ist das Konzept der Kaufkraftparität", unterstreicht die schweizerische Hypothekarbank Lenzburg. "Eine tiefe Staatsverschuldung und eine stabile Finanzpolitik sowie eine unabhängige SNB stärken das Vertrauen der Anleger in den Franken."
Fazit
Der Schweizer Franken wird stärker. Auf den ersten Blick erscheint es paradox, dass er immer noch unterbewertet sein soll. Viele schauen auf die Talfahrt des Euro und sitzen einem Irrtum auf:
Der Euro muss sich erholen, als er schon eine ganze Weile am fallen ist. EUR/CHF ist in der rechten unteren Ecke des Wechelkurs-Diagramms, weshalb man meinen könnte: Da ist jetzt kein Platz mehr. Es wird bald nach oben gehen.
Tatsächlich ist noch jede Menge Platz nach unten für den EUR/CHF-Kurs vorhanden. Das zeigt neben dem fairen Wechselkurs auch die Charttechnik. Ihr zufolge wird der Euro auf ein Rekordtief bei 0,94 Franken sinken.
Im Schnitt sehen Banken den fairen EUR/CHF-Wechselkurs bei 0,94-0,96. Dass der auf Kaufkraftparität basierende Kurs jemals wieder über 1 zu 1 steigt, wird mit der Inflationswarnung des Deutschen Bundesbankchefs noch unwahrscheinlicher. 1 Euro = 1 Schweizer Franken ist ein Extremszenario.
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