Der von höheren Leitzinsen getriebene Anstieg des Euro steht auf der Kippe. Anderthalb Rappen vor dem Erreichen der Parität drängen plötzlich Käufer des Schweizer Franken in den Markt. Setzt man den aktuellen Anstieg des EUR/CHF-Kurses ins Verhältnis zu früheren, zeigt sich: Erst im Nachfassen geht es (wenn überhaupt) über 1,00.
Die höchste Leitzinserhöhung in der Geschichte werden sich die südeuropäischen EZB-Vertreter teuer abkaufen lassen. Für den Zinsschritt von 0,75% dürften sie eine rasche Aktivierung des Transmission Protection Instrument (TPI) einfordern. Dann würden frische Euro gedruckt, um Staatspapiere zu kaufen.
Italiens 10-Jahreszins ist merklich am steigen: Er kratzt an der 4-Prozent-Marke. In der Europäischen Zentralbank (EZB) gibt es eine große Fraktion, die den Satz auf 3% runtermanipulieren möchte. Er läge dann 1,5% über deutschen Bundesanleihen. Aus marktwirtschaftlicher Sicht wäre ein solch tiefer Spread aufgrund der schwachen Bonität Italiens und seiner hohen Staatsschulden ungerechtfertigt.
Solche Eingriffe kannte man früher nur aus Schwellenländern. Diese gerieten nach einiger Zeit dennoch in Zahlungsschwierigkeiten. Der Internationale Währungsfonds (IWF) mit seinem europäischen Chef kam und gab Finanzhilfen. Er verbot das Gelddrucken und forderte stattdessen Reformen. Kurios: Die Europäer machen heute genau das, was sie Schwellenländern jahrzehntelang verboten hatten.
Frage der Glaubwürdigkeit
Weil die EZB-Währungshüter unglaubwürdig sind, ist der Euro unglaubwürdig. Die EZB hat bereits zweimal ihr Inflationsziel angehoben. Anfänglich war das Inflationsziel der EZB nahezu identisch mit dem der Schweizerische Nationalbank (SNB). Sie hatte eine Teuerung kleiner 2% angestrebt. Dann erhöhte die EZB in den 00er-Jahren auf knapp 2%, letztes Jahr auf über 2%.
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Die SNB zeichnet eine hohe Glaubwürdigkeit aus. Sie erfüllt ihren gesetzlichen Auftrag für stabile Preis zu sorgen. Eine höheres Inflationsziel entspräche "nicht der starken Vorliebe der Schweizer Bevölkerung für tiefe Inflation", so die klare Ansage von SNB-Präsident Thomas Jordan. "Höhere Inflationsraten würden hierzulande weder verstanden noch akzeptiert werden."
Fazit und Ausblick
Der Euro-Franken-Kurs kann nur steigen, wenn die Gerüchteküche brodelt. Im laufenden Jahr gab es bereits sechs sentimentgetriebene Anstiege. Sie dauerten im Schnitt 8,3 Handelstage. Der Euro wertete durchschnittlich 3% auf. Entsprechend muss man davon ausgehen, dass der aktuelle Anstieg, der am 24. August bei 0,9550 begann, nächste Woche endet.
Es kommt zu einem Rückgang des Wechselkurses auf etwa 0,97 Franken. Jetzt entscheidet sich, ob ein weiterer Sentiment-Schub ansteht. Er würde den Euro-Franken-Kurs über die Parität bringen. Zwei Strohfeuer-Anstiege hintereinander mit höheren Hochs und höheren Tiefs hat es in diesem Jahr erst einmal gegeben, und zwar im Mai.
Ansonsten käme es zum Rückfall auf das Rekordtief vom 23. August 2022 bei 0,9550 und anschließend noch tieferen, in Einklang mit dem fairen Wechselkurs und der Kaufkraftparität, stehenden Kursen.