Die Tilgung eines Franken-Fremdwährungskredit hat sich 2022 merklich verteuert. Der Euro hat nach neun Monaten zehn Stellen eingebüßt, was zu einem Rückgang des EUR/CHF-Kurses von 1,04 auf 0,94 (-9,6%) führte. Geht es in den letzten drei Monaten weiter bergab? Oder erstarkt der Euro gegenüber dem Schweizer Franken?
"Der Euro wird nicht groß stärker werden können, weil im Augenblick bei uns die Inflationsraten so viel tiefer sind", enttäuscht der frühere UBS-Chefökonom Klaus Wellershoff Franken-Fremdwährungskreditnehmer. Langfristig werde die Währung mit der tieferen Inflationsrate stärker. Das sei gesicherte Erkenntnis in der Volkswirtschaftslehre, erklärt Wellershoff im Schweizer Fernsehen (siehe unten).
Wer darauf vertraut, dass der hohe Inflationsunterschied zwischen der Eurozone und der Schweiz durch die Abschwächung des Euro um zehn Stellen inzwischen zur Genüge berücksichtigt wurde, wird enttäuscht.
Laut offiziellen Zahlen ist die Inflationsdifferenz zwar "nur" bei 5,5%: Die Teuerung in der Schweiz beträgt 3,5%, in der Eurozone sind es 9%. Mit Blick auf die Güter, die die Grenze überquerten, liege die Inflationsdifferenz aber über 10%, sagt Wellershoff. Daraus schlussfolgert er:
"Der Franken wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit in den nächsten Jahren stark aufwerten. Der Franken könnte ohne weiteres 10% stärker werden."
Der Eurokurs kletterte im Oktober 2007 auf 1,68 Franken. Das war der höchste jemals erzielte Stand. Alles läuft nun auf eine Halbierung dieses Rekordhochs hinaus. Verluste von 50% sind keine Seltenheit am Devisenmarkt. So hat sich der Japanische Yen gegenüber dem US-Dollar seit 2012 um 48% abgeschwächt.
Eine Halbierung des Euro würde ein Abrutschen auf 0,84 Franken bedeuten. Ausgehend vom bisherigen Rekordtief bei 0,94 wäre dafür eine weitere Abwertung von 10,5% notwendig. Dieses Kursziel könnte bereits in der zweiten Jahreshälfte 2023 erreicht werden. Year-to-Date hat sich der Euro bereits um 10% abgeschwächt.
Konvertierung in Euro
Wer noch einen Franken-Fremdwährungskredit am laufen hat, ist daher gut beraten sich nicht auf die Wechselkursprognosen der Banken einzulassen. Die Geldhäuser in stellen seit über einem Jahrzehnt viel zu optimistische Euro-Ausblicke in den Raum.
"Ob sich ein Wechsel von Schweizer Franken auf Euro lohnt, kann nur ein Experte unter Berücksichtigung verschiedener (persönlicher) Faktoren beantworten", sagt Österreichs Wohnbau-Finanzexperte Infina. In vielen Fällen müssten Franken-Kreditnehmer bei einer Euro-Konvertierung einen Gesamtverlust hinnehmen.
Wer bisher nicht konvertierte, wird sein Gründe haben. Möglicherweise wartet der eine oder andere auf ein kurzes Hochschießen des Euro-Franken-Kurses und steigt dann aus.
- Das letzte Hochschießen dieser Art fand zwischen Anfang März und Mitte Mai 2022 statt. Der Eurokurs stieg 5% auf 1,05 Franken.
- Anfang 2021 kam es zu einem abrupten Anstieg um 4% auf seinerzeit 1,11 Franken.
- Sollte der EUR/CHF-Kurs in den nächsten ein bis zwei Monaten ausgehend von seinem letzten Tief bei 0,94 um 4,5% steigen, wäre er bei 0,9850.