Der Eurokurs knackt die Marke von 0,99 CHF und wird damit so hoch gehandelt wie seit Ende Juli 2022 nicht mehr. Nach einer kurzen Verschnaufpause, eingeläutet von den Beschlüssen der Europäischen Zentralbank (EZB), klettert die Gemeinschaftswährung auf 0,9920 CHF. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) verrät, welche Beweggründe für sie beim Wechselkurs entscheidend sind.
Schlechter als prognostizierte Konjunkturdaten aus der Schweiz belasten den bereits angeschlagenen Franken. So sank das Konjunkturbarometer von 92,3 Zähler auf 90,9 Zähler. "Die Aussichten der Schweizer Konjunktur für die kommenden Monate bleiben daher weiterhin verhalten", kommentiert die Konjunkurforschungsstelle (KOF) in Zürich.
Aus technischer Sicht befindet sich der Euro aktuell an einem kritischen Punkt. Kann er nach der deutlichen Aufwertung gegenüber dem Schweizer Franken der letzten Wochen das hohe Kursgewinntempo halten? Klettert er weiter auf die 200-Tage-Linie? Oder hat er bereits das Maximale herausgeholt. Aufgrund des hohen Wochenschluss von 0,9920 und unter Berücksichtigung aller Für und Wider bleibt die Charttechnik dem Euro gewogen.
Aus fundamentaler Sicht stützt den Euro neben den sinkenden Gaspreisen und höheren EZB-Leitzinsen die deutsche Wirtschaft. Sie konnte im 3. Quartal ein überraschendes Wachstum um 0,3% erzielen. Ökonomen hatten unisono mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung gerechnet.
Die einer Rezession widerstrebende deutsche Wirtschaft zeigt einmal mehr, dass die konjunkturellen Folgen von Russlands Krieg in der Ukraine nicht so düster sind, wie das alle gedacht haben. Russlands undynamische Volkswirtschaft ist gerade einmal so groß wie die Spaniens. Die dynamischen Volkswirtschaften des Westens lassen von einem so schwachen Handelspartner nicht aus der Bahn werfen.
CHF Prognosen
"Gegenüber dem Franken legt der Euro an Wert zu und hält sich stabil über der Marke von 0,99 Franken", berichtet die Schweizer Agentur awp. Das Ziel der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mit einem möglichst starken Franken die heimische Teuerung zu drücken, wird zwar durch die jüngste Aufwertung des Euro konterkariert. In Gefahr ist es aber nicht.
"Die SNB hat im letzten Herbst begonnen, den Franken nominal aufwerten zu lassen. Das war de facto unsere erste geldpolitische Straffung", sagt der neue SNB-Vizepräsident Martin Schlegel im Gespräch mit der Zeitung Finanz und Wirtschaft. Im Herbst 2021 gab es für 1 Euro 1,09. Inzwischen sind es 10 Rappen weniger. Die SNB hat also noch ein Polster.
Insgesamt bleibt ein Anstieg des Euro auf 1,02 Franken das Basisszenario für die kommenden Wochen. Auch die aktuell zur Risikofreude neigenden Aktienmärkte verringern die Attraktivität der Sicheren-Hafen-Währung Schweizer Franken.