Am Ende des Tages tummeln sich die Käufer des Schweizer Franken am Devisenmarkt. Ihnen gelingt es den EUR/CHF-Kurs auf 0,9870 runterzudrücken. Zweifelsohne eine schlechte Nachricht für den Euro, als dadurch die hohen Schlusskurse der vorherigen drei Tage rückgängig gemacht (reversed) werden. Ist das bereits der Wendepunkt?
Es wird für den Euro eine Herkulesaufgabe die nun geschaffenen Fakten rückgängig zu machen. Zunächst sieht es recht gut aus. Der EUR/CHF-Kurs steigt unmittelbar nach dem Bekanntwerden der merklichen EZB-Leitzinserhöhung auf 0,9955. Er erreicht den höchsten Stand seit dem 5. Juli.
Dann setzt die schlagartige Gegenbewegung ein. Der Schweizer Franken lässt die Muskeln spielen, und so fällt der EUR/CHF-Kurs um knapp einen Rappen. Aus fundamentaler Sicht lässt sich das mit dem Zaudern der EZB ihre Staatsanleihen zu verkaufen, begründen.
"Der Euroraum braucht einen EZB-Einlagensatz in der Größenordnung von 4%", sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Eine Forderung, die in Paris und Rom auf erbitterten Widerstand stoßen dürfte. Die beiden Länder attackieren die EZB bereits. Ziel ist eine restriktive Geldpolitik trotz Rekordinflation zu verhindern.
Auch das hochverschuldete Spanien steckt den Kopf nicht in den Sand und versucht Einfluss zu nehmen. Der spanische König König Felipe VI. besuchte in der letzten Woche die EZB in Frankfurt. Er habe sich mit Notenbankchefin Christine Lagarde zu einem "Gedankenaustausch über aktuelle Themen" getroffen, heißt es in einem Statement der EZB.
Die Regierenden in Italien und Spanien haben offenbar eine Heidenangst ihnen könnte etwas Ähnliches wie dem Vereinigten Königreich zustoßen. Ex-Premierministerin Liz Truss wollte massiv neue Schulden aufnehmen. Daraufhin stiegen die Zinsen auf britische Staatsanleihen rasant. Truss hatte sich vergaloppiert, da sie ihr Land als einen guten, soliden Schuldner einschätzte. Potenzielle Geldgeber sahen das ganz anders und forderten so hohe Zinsen, dass sie schließlich zurücktreten musste.
Aus charttechnischer Sicht macht die große schwarze Kerze den Unterschied. Sie zeigt einen weitergehenden Rückgang des EUR/CHF-Kurses an. Antriebsfedern sind zwei treffsichere Formationen:
1) Bärische Flagge als Doppel-Top eingebettet in Abwärtstrend
2) Expandierendes Dreieck
zu 1) Am 21. Juli war der Euro schon einmal mit einem Anstieg bei 0,9950 Franken hängengeblieben. Zusammen mit dem Scheitern bei 0,9955 am 27. Oktober entsteht eine Doppel-Top-Formation. Diese Formation ist bärisch, als sie in den Abwärtstrend des Sommers eingebettet ist. Es ist das klassische Szenario: Abwärtstrend - Pullback - Fortsetzung Abwärtstrend.
Ein Verkaufsignal wird bereits bei einem Intraday-Rückgang auf 0,9869 ausgelöst. Damit würde die Eintrittswahrscheinlichkeit für einen Rückfall auf mindestens 0,9770 auf ca. 60% steigen.
zu 2) Das expandierende Dreieck mit höheren Hochs und tieferen Tiefs (5 Punkte) zeigt einen Rückfall des EUR/CHF-Kurses auf 0,93 bis Jahresende an. Dadurch wäre Punkt 6 erreicht und die Formation komplettiert. Die Eintrittswahrscheinlichkeit liegt bei schätzungsweise 55% und damit noch recht tief (nicht im Bereich von 60-70%).
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