Der Euro hat sich mit seinem Anstieg um 6% zu weit aus dem Fenster gelehnt. Angesichts von Inflationsraten im Euroraum von bis zu 22% wird seine Stärkephase demnächst enden. Umgekehrt wird der Schweizer Franken immer attraktiver. Er steigert seinen Vorsprung bei der Geldwertstabilität auf das Vierfache.
Aus 100 Euro Papiergeld wurde dann ganz schnell einmal 89 Euro, in einigen Euroländern sogar 78 Euro. Der Kaufkraftverlust in den Euroländern schreitet voran. Die Geldentwertung galoppierte im Oktober auf 10,7%. Das war ein volles Prozent über den Erwartungen.
Die baltischen Euroländer Estland, Lettland und Litauen haben Inflationsraten von 22%. Die Niederlande kommt auf 17%. In Deutschland und Österreich liegt man bei 11-12%. Und die Schweiz? Hier sank die Teuerung zuletzt von 3,5% auf 3,3%.
Diese Steilvorlage wird sich der Franken nicht nehmen lassen. Die Aussichten auf 1 Euro = 1 Franken trüben sich ein. Ob es sich für einen Anstieg auf die aktuell einen Wert von 1,0040 annehmende 200-Tage-Linie noch ausgeht, wird von Tag zu Tag unwahrscheinlicher.
Vielmehr könnte das Gleiche passieren wie Anfang Februar. Auch damals sah es nach einem Anstieg auf die 200-Tage-Linie aus. Kurz vor dem Erreichen kam es dann zu einer plötzlichen 180-Grad-Kehrtwende (U-turn).
Die noch höhere Inflation zementiert den Status des Euro als die unangefochtene Weichwährung Europas. Am Devisenmarkt hat man in den letzten Wochen darüber hinweggesehen, wie das Euro-Papiergeld zwischen den Fingern der Bürgerinnen und Bürger zerrinnt.
Der Euro fand im September frische Käufer, als ihm zuvor die Belastungen des Ukraine-Kriegs zu einseitig angekreidet wurden. Die antizyklischen Sicheren-Hafen-Währungen Schweizer Franken und US-Dollar hatten zu schnell aufwertet. Mehr als sie es verdienten.
Die Bonus-Phase für den Euro ist nun dabei zu enden. Mit Blick auf den bevorstehenden U-turn gilt eine Regel von Warren Buffet: Laut ihm ist es ziemlich blödsinnig zu versuchen, nach einer längeren Talfahrt der Börsen am tiefsten Punkt zu kaufen.
Entsprechend gilt: Ob der Euro-Franken-Kurs unter Parität hängenbleibt oder sie doch noch kurz knackt, lässt sich nicht prognostizieren. Die Wahrscheinlichkeiten liegen irgendwo zwischen 47% (für ein sofortiges Abdrehen) und 53% (für einen kurzen Anstieg).
Wer sich nicht auf die Glaskugel verlassen will, braucht mindestens 60%, um eine Vorhersage zu treffen.
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