Der Weg für den Euro über 1,00 CHF ist kurz und von Unsicherheit gepflastert. Immer wieder knackt der Eurokurs aktuell die Marke 0,99 CHF. Anschließend geht den Euro-Käufern die Puste aus. Die Gemeinschaftswährung bleibt aber am Ball. Sie ist nach wie vor in einer guten Ausgangslage über die Parität zum Franken zu steigen. Diesen Schritt sollte sie möglichst schnell machen. Die Inflations Pigs warten bereits.
"Dunkelste Tage für Fabriken in der Eurozone wahrscheinlich vorbei", meldet Reuters. Aus devisentaktischer Sicht ist die Lage für den Euro günstig, als der Einkaufsmanagerindex (PMI) trotz der sich abzeichnenden Erholung mit 47,8 Punkten weiterhin unter der bei 50 Zählern beginnenden Wachstumsschwelle rangiert.
1,00 ist für den EUR/CHF-Kurs in Reichweite, alsbald sich ein Sprung des PMI in die Wachstumszone abzeichnet. Was sich nicht prognostizieren lässt: Stellt sich der Euro bereits mit einem kurzen Überschreiten der Parität und einem Hoch bei ca. 1,0050 zufrieden? Oder reicht das Momentum, um 1,02 doch noch zu erreichen?
"Meine Erwartung für die kommenden Monate: Seitwärtsbewegung um das aktuelle Niveau herum, mit Überraschungspotenzial nach oben", meint Thomas Heller von Belvédère Asset Management. Weil die Europäische Zentralbank (EZB) schneller die Zinsen anhebe als die Schweizerische Nationalbank (SNB), werde der Euro gestützt, erfährt die Schweizer Nachrichtenagentur SDA von dem Anlagechef.
Wenige Devisenexperten schlagen die gleiche Kerbe: Vor allem die in der City of London ansässigen großen Player am Devisenmarkt bevorzugen den Schweizer Franken. Barclays sieht den EUR/CHF-Kurs auf 0,97, die Deutsche Bank auf 0,95 und JP Morgan auf 0,92 fallen.
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Und so zögern kurzfristige Devisen-Trader ihre Fähnchen für den Euro in den Wind zu hängen. Nach einem Anstieg des Euro auf 0,9925 CHF am 27. Dezember bleibt der Euro zu Jahresbeginn bei 0,9905 CHF hängen. Es besteht die Angst, dass das "alte" Problem der Eurozone wieder zum Vorschein kommen.
Während die SNB auf Kurs ist ihre Teuerung zurück auf 2% zu bringen, stehen die Chancen der EZB schlecht. Christine Lagarde's Buddy aus ihrer Zeit vom Internationalen Währungsfonds (IWF) fordert, die Inflationsziele der Notenbanken weiter aufzuweichen.
Der Franzose und frühere IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard will das Inflationsziel auf 3% anheben. Es ist wie mit dem Ankauf von Staatsanleihen, die nahe dem Ramschniveau kratzen. Hat man einmal damit angefangen, kommt man nicht mehr davon los.
Inflations Pigs
Tatsächlich hat die EZB bereits zweimal bei der Einhaltung des Vertrags von Maastricht geschummelt, und ihr Inflationsziel heraufgesetzt. Der Devisenmarkt kann das nicht ignorieren.
Kurzfristiger und langfristiger EUR/CHF-Ausblick klaffen auseinander. In den kommenden Wochen und Monaten hat der Euro wegen konjunkturellen Aufholeffekten die Möglichkeit stabil oder etwas höher zum Schweizer Franken zu notieren. Hintergrund: Die Eurozone ist viel stärker vom Krieg in der Ukraine betroffen als die Schweiz.
Danach wird der Franken wegen der tiefen Inflation und den sehr niedrigen Staatsschulden der Schweiz die Muskeln spielen lassen. Der Euro-Währungsraum ist bildlich gesprochen ein Schweinestall: 2000-2010 war die Zeit der Debt Pigs, 2010-2020 der Gelddruck Pigs. 2020-2030 haben die Inflations Pigs das Sagen.
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CHF Entwicklung 1972-2022 / Euro Kurs Prognose 2037