Die Kursgewinne des Schweizer Franken sind die größten seit neun Monaten. Der Euro ist eine Risikowährung. Entsprechend hoch sind die Chancen, dass dem EUR/CHF-Kurs die acht als zweite Nachkommastelle abhanden kommt. Es geht jetzt Schlag auf Schlag.
Plötzlich knistert es im Gebälk der Banken-Branche: Mit der Silicon Valley Bank geht eines der größten US-Geldhäuser¹ pleite. Damit sind unweigerlich Ansteckungsgefahren verbunden. Postwendend wird der als besonders sicher geltende Schweizer Franken rund um den Globus zur gefragten Fluchtwährung.
0,95 ist für den EUR/CHF-Kurs in Reichweite, nachdem er zum ersten Mal seit vier Monaten unter 0,98 absackt. Aus charttechnischer Sicht gibt es nichts zu beschönigen. Der langfristige Abwärtstrend des Euro, der im Oktober 2007 bei 1,68 Franken begann, übernimmt das Kommando. Noch tiefere Kurse wären kein Neuland. Ende September 2022 kostete der Euro lediglich 0,9410 Franken.
Fällt ein Kartenhaus zusammen?
"Derweil gewinnt der Franken angesichts der verstärkten Nervosität an den Märkten Boden hinzu", erläutert die St.Galler Kantonalbank. "Müssen auch andere Finanzhäuser (und Kunden) Angst haben", fragt man sich bei Börse Online.
Konkret geht es um Verluste festverzinslicher Wertpapiere. Banken nehmen die Einlagen der Sparer, und kaufen damit gerne diese Papiere. Bezahlt der Emittent die Anleihe am Ende der Laufzeit zurück, ist alles im grünen Bereich.
Wenn die Aussicht auf Rückzahlung schwindet und die Bank die Papiere vorher abstößt, können große Verluste entstehen. Genau das ist offenbar bei der Silicon Valley Bank nun passiert. Und es scheint erst der Anfang zu sein. "20 Banken sitzen auf riesigen potenziellen Wertpapierverlusten", meldet Marketwatch.
Warum ist das ein Problem für den Euro?
In der Eurozone geht es ganz ähnlich zu. Vor allem italienische Geschäftsbanken kaufen die Schuldverschreibungn ihrer Regierung. Die Kurse von diesen Staatsanleihen sind jedoch wegen steigenden Zinsen am fallen. Die Banken sitzen damit auf Buchverlusten. Sie reden sich damit heraus, dass die Regierung am Ende der Laufzeit alles wie vereinbart zurückbezahlt und damit keine Verluste entstehen.
Kann oder will die Regierung nicht zurückzahlen, druckt die Europäische Zentralbank (EZB) Geld. Die EZB hat für diesen Fall im letzten Sommer extra Beschlüsse gefasst, um Italien und anderen anfälligen Euroländern unter die Arme greifen zu können (Anti-Fragmentierungs-Tool). Fazit:
- Vertrauen geht flöten, weil sich Banken verspekuliert haben.
- Der Ausblick auf ungedecktes Gelddrucken heizt die Euro-Inflation über die Inflationserwartungen wieder an.
Die Akteure am Devisenmarkt zögern aktuell nicht in den Schweizer Franken zu gehen, und so verbucht dieser Kursgewinne gegenüber US-Dollar und Euro. Auf einem 15-jährigen Devisendiagramm des EUR/CHF-Kurses wäre ein weitere Rückfall von 0,98 auf 0,95 ein Katzensprung.
Umgekehrt würde bei folgender Kursentwicklung ein Silberstreif am Horizont für den Euro steigen: Er bricht nicht durch die wichtige horizontale Unterstützung bei 0,98 Franken. Die, die den Schweizer Franken aggressiv gekauft haben, werfen nun das Handtuch.
Auf ein solches Szenario könnte es hinauslaufen, sollte die US-Notenbank (Fed) zusammen mit Finanzministerin Yellen ein Bailout (Rettungspaket) für die Silicon Valley Bank organisieren.
Dann bräuchte es noch eine offizielle Stellungnahme von EZB-Chefin Lagarde, dass sich die Euro-Notenbank in ihrer Rolle als Geldverleiher letzter Instanz – trotz aller damit verbundenen Risiken – pudelwohl fühlt.
¹ Die Silicon Valley Bank war gemessen an ihren Vermögenswerten Ende 2022 die 16 größte US-Bank.