Der Euro steigt nach der Notübernahme der Credit Suisse auf Parität zum Schweizer Franken. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, die hervorgerufen werden, weil Investoren 20,5 Milliarden Euro verlieren, klettert der EUR/CHF-Kurs auf 0,9960 (≈ 1,00). Der Langfristausblick weist Parallelen zwischen dem Schicksal der Credit Suisse und der Gemeinschaftswährung auf.
Wegen der Notübernahme der Credit Suisse (CS) durch die Konkurrentin UBS habe zunächst Verunsicherung überwogen, was den Euro etwas unter Druck setzte. "Im Tagesverlauf entspannte sich die Lage an den Finanzmärkten und der Euro legte zu", kommentiert awp Finanznachrichten aus der Schweiz.
"Ob die sicheren Häfen vermehrt gesucht bleiben, wird sich weisen", so die St.Galler Kantonalbank. Traurige Gewissheit haben dagegen Aktionäre und nachrangige Anleihengläubiger der Credit Suisse. Sie verlieren zusammen 20,5 Milliarden Euro. 16 Milliarden Euro verglühen institutionellen Investoren mit den berüchtigten CoCo-Anleihen.
Die verbleibenden 4,5 Milliarden Euro, um die der Chef der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Thomas Jordan, zusammen mit der Finanzmarktaufsicht (Finma), die Aktionäre erleichtert, ergeben sich aufgrund des tiefen Kaufpreises. Die neue Eigentümerin UBS bezahlt für eine Credit-Suisse-Aktie lediglich 0,76 Franken.
Am Freitagabend waren die Papiere 1,86 Franken wert, was einem Börsenwert von 7,5 Milliarden Franken entsprach. Hier sind also noch einmal Verluste von 4,5 Milliarden Franken hinzugekommen.
EUR/CHF als mahnendes Beispiel
Bei der Credit Suisse haben sich die Experten der Hochfinanz mit ihren Prognosen und Einschätzungen so geirrt, wie sie es beim Euro-Franken-Kurs seit über einem Jahrzehnt tun. Die Fähigkeit des Euro gegenüber dem Schweizer Franken bestehen zu können, wird chronisch zu hoch eingeschätzt. Ähnliches passierte bei der Credit Suisse. Hier nur einige Beispiele:
- Als der CS-Aktienkurs im Oktober 2022 bei 4 Franken lag, sagte der frühere Chef von UBS und Credit Suisse, Oswald Grübel, dass es nicht schlimmer werden könnte. Tatsächlich war zu diesem Zeitpunkt bereits absehbar, dass es weiter abwärts geht:
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- Man habe zum Tiefstpreis gekauft. Die Aktie sei ein Schnäppchen, erklärte der Aufsichtsratschef Ammar Al-Khudairy der staatlichen Saudi National Bank Ende Oktober 2022. Weil dem nicht so war, verlor das Königreich nun über eine Milliarde Euro.
Geschieht der saudiarabischen Regierung recht, denken sich die Beamten in Washington. 'Sie wurde von den Schweizer Behörden bei der Notübernahme der Credit Suisse hinzugezogen. Saudi-Arabien hatte vor den amerikanischen Kongresswahlen zur Verärgerung der Biden-Regierung in der Opec eine Förderkürzung durchgesetzt.
Aktuell notiert die vom Aussterben bedrohte Credit-Suisse-Aktie bei 0,80 Franken. Da wird es jetzt Spekulanten geben, die die Papiere kaufen. Ihr Kalkül: Sie müssen die neue Eignerin UBS nur lange genug nerven, damit diese ihnen schlussendlich etwas mehr bezahlt als den offiziellen Kaufpreis von 0,76 Franken.
Der Verkaufsklimax der Credit-Suisse-Aktie kam nicht bei 1,60 Franken zum Erliegen, sondern wegen der aktionärsfeindlichen Notübernahme erst bei 0,66 Franken. Es folgte ein Anstieg um 21% auf 0,80 Franken. Es ist nicht auszuschließen, dass die neuen Zombie-Papiere über 1 Franken steigen. Sie wären damit wieder mehr CHF wert als ein Euro.
Die Schweiz hat nur noch eine Großbank. Das ist eine schlechte Nachricht für international tätige Unternehmen. Da fehlt jetzt der Wettbewerb. Die Gebühren für Euro-Umwechslungen in CHF dürften aufgrund der starken Präsenz der Kantonalbanken in diesem Marktsegment zwar nicht steigen.
Das ändert sich allerdings, je weiter es Schweizer Unternehmen in die Ferne zieht, je exotischer die Währung und je spezieller die Bankgeschäfte werden. Sie spielen dann gegen die alle Straßen, Häuser und Hotels besitzende UBS Monopoly.
Euro-Gegner schöpfen Hoffnung
Die Wahrscheinlichkeit, dass die europäische Gemeinschaftswährung an einem Wochenende abgewickelt und aufgebrochen wird wie die Credit Suisse, ist höher als viele denken. Ursache: Die kulturellen Unterschiede in Währungsfragen zwischen dern Euro-Nordstaaten und den Südstaaten sind nicht wegzubekommen.
Man muss davon ausgehen, dass es der Europäischen Zentralbank (EZB) selbst bei einer Rezession nicht gelingen wird, die Inflation auf 2% zu senken. Damit ist diese Notenbank, deren gesetzlicher Auftrag Geldwertstabilität ist, überflüssig.
Es kann natürlich dann noch diskutiert werden, inwieweit man die EZB einspannt, um Finanztransfers und Schenkungen aus dem Norden für den Süden zu organisieren.
An einem gewissen Punkt ist der Preis, den eine anhaltend hohe Inflation die Volkswirtschaften Deutschland, Österreich und die Niederlande kostet, so hoch, dass die dortigen Regierungen folgenden Anreiz haben: Sie zahlen lieber Finanztransfers für den Süden, wenn sie im Gegenzug den Euro aufbrechen können, um so ihre Rückkehr auf einen soliden Inflationspfad zu gewährleisten.
Zum Thema:
CHF Entwicklung 1972-2022 / Euro Kurs Prognose 2037