Der EUR/CHF-Kurs steht bereit den großen Schritt über 1,00 zu setzen, als für die Schweizer Wirtschaft wegen der Bankenkrise mit einer Schramme weitergeht. Untermauert wird die sich abzeichnende Stärkephase des Euro von einer Beichte der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und merklich weniger Inflation.
Wegen eines überraschenden Rückgangs der Schweizer Konjunkturaussichten verdichten sich die Anzeichen einer temporären Überbewertung des CHF.
Aus dem Verarbeitenden Gewerbe, dem Service-Sektor und der Bauwirtschaft kämen negative Signale, meldet die Konjunkturforschungsstelle (KOF) in Zürich. Und so lässt das KOF Konjunkturbarometer nach drei monatlichen Anstiegen im März Federn.
Demgegenüber hellen sich im "Großen Kanton", dem wichtigsten Absatzmarkt für viele Schweizer Firmen, die Geschäftserwartungen auf. Das auf der Befragung von 9.000 Unternehmen basierende ifo-Geschäftsklima legt den fünften Monat in Folge zu.
"Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich gebessert", sagt Clemens Fuest vom ifo-Institut in München. "Trotz der Turbulenzen bei einigen internationalen Banken stabilisiert sich die deutsche Konjunktur."
Firepower oder Firecracker?
Verwenden Notenbanker Begriffe wie "Feuerkraft", "Bazooka" und dergleichen ist klar: Es knistert im Gebälk des Bankensektors. Man habe für wenige Tage 50 Milliarden Franken auf den Tisch legen müssen, um genügend Feuerkraft zu haben, räumt SNB-Vizepräsident Martin Schlegel ein.
Wäre diese Feuerkraft nicht da gewesen, hätte es die Credit Suisse nicht in das Rettungswochenende geschafft. Sie wäre dann noch vor der Zwangshochzeit mit der UBS von den Finanzmärkten zerrissen worden, skizziert Schlegel im Gespräch mit der Neuen Zürcher Zeitung.
- Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Schweiz sind 50 Milliarden Franken 6%.
- Würde die Eurozone 6% ihres BIP für Bankenrettungen benötigen, entspräche das 840 Milliarden Euro. Der EU-Aufbaufonds, ein staatliches Mammut-Ausgabenporgramm, ist gerade einmal mit der Hälfte dieser Summe gefüllt.
Der Ritt der Schweizer Behörden auf der Rasierklinge hat ganz offenbar der Konjunktur einen Dämpfer versetzt. Viele Unternehmen der Privatwirtschaft mit langjährigen Geschäftsbeziehungen zur Credit Suisse sind verunsichert.
Nach dem unvorstellbaren Verlust der SNB von 142 Milliarden Franken fragt sich das Ausland erneut: Hat die Schweiz den soliden Umgang mit Geld verlernt?
Euro im Aufwind
In Deutschland sank die jährliche Inflationsrate im März um merkliche 1,3% auf 7,4%. Für die heute von Eurostat kommende Schnellschätzung für den Euroraum rechnen Ökonomen mit einem Rückgang um 1,4% auf 7,1%.
Sollte die Teuerung gar in den 6-Prozentbereich rutschen, dürfte der Eurokurs im Gegenzug über 1,00 CHF steigen. Aus der charttenischen Unterbewertung des Euro könnte nun tatsächlich etwas Größeres erwachsen.
Ausgleichende Gerechtigkeit: Die fundamentale Lage der Schweiz ist dabei sich etwas einzutrüben, während es in der Eurozone besser läuft. Im letzten Jahr war es umgekehrt. Der Ukraine-Krieg traf die Euroländer wesentlich härter als die Schweiz.