Der Eurokurs erfüllt eine wichtige Voraussetzung für eine Trendwende hin zu höheren Kursen. Der Schweizer Franken ist aktuell etwas heavy und dürfte dem wachsenden Druck des Euro nachgeben.
Aus der Sicht von Euro-Besitzern, die Schweizer Franken benötigen, ist der Rückgang auf 0,9680 CHF erst einmal etwas Negatives. Handelt es sich doch um den tiefsten Stand seit Anfang Oktober 2022.
Der Kontaktpunkt mit der unteren Linie des Channels hat aber auch etwas Positives. Er macht den Weg frei für einen Anstieg an die obere Linie und dann sogar für einen Breakout aus dem Channel. Anschließend ginge es in einer ersten Phase auf 0,98-0,99. Nach kurzer Pause wäre dann sogar ein Überschreiten von 1,00 sehr gut möglich.
Fieberhaft läuft die Suche nach einem fundamentalen Treiber für ein sommerliches Wiedererstarken des Euro. Die Einlassungen des Chefökonom der Europäischen Zentralbank (EZB) taugen dazu nicht.
"Alles, was wir sehen, sagt uns, dass die Geldpolitik funktioniert", meint Philip Lane auf einer Konferenz der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) in Wien. Die Inflation werde in absehbarer Zukunft auf 2% sinken, so der Ire.
Lane ist eine geldpolitische Taube. Er hat die Inflationsrisiken sträflich unterschätzt und so falsch dargestellt wie die italienischen Regierungen in den 1980er-Jahren. Seine Teuerungsprognosen liegen noch weiter daneben als die EUR/CHF-Prognosen der Erste Group und Bank-Austria-Mutter Unicredit.
Zum Thema: Der Schweizer Franken wird immer stabiler
Die Suche nach einer fundamentalen Triebfeder für einen Anstieg der Euro-Franken-Rate im Sommer geht damit weiter. Ein Hochspringen der Konjunkturdynamik in den Euroländern auf das Niveau von 2017/18 ist ebenfalls recht unwahrscheinlich.
Dafür bräuchte es eine weitere Eurozonen-Blase in Form einer Verdopplung des EU-Aufbaufonds auf 1,5 Billionen Euro. Weil das die Inflation anheizen würde, gibt es aktuell dafür (noch) keine politische Mehrheit.
Euro profitiert von Geopolitik
Damit bleibt nur eine spontane, geopolitischen Entwicklung. Ein Abklingen der Kampfhandlungen in der Ukraine dürften den EUR/CHF-Kurs in die Anstiegsspur setzen.
Man könne die Ukraine auf Jahre mit Waffen beliefern, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor knapp einem Jahr. Den finanzstarken Nato-Ländern steht ein wirtschaftlicher Gartenzwerg gegenüber.
Russland hat eine rohstoffreiche, aber kapitalarme Volkswirtschaft. Die ohnehin schon dünne Kapitaldecke des Kreml wird durch den Krieg noch dünner. Der um ein Viertel gesunkene Ölpreis bedeutet ebenfalls Gegenwind.
Russlands Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 1,8 Billionen US-Dollar. Rechnet man die überproportional hohe Schwarzarbeit, Korruption und Vetternwirtschaft mit ein, mögen es 3,2 Billionen Dollar sein. Das ist in der Größenordnung des französischen BIP. Deutschland kommt auf 4,2 Billionen Dollar, die USA auf 23,2 Billionen Dollar.
Vielleicht macht es der Kreml wie der Deutsche Bundestag. Unliebsame Gesetze verabschieden die Parlamentarier gerne in den Sommerferien. Dann ist die Aufmerksamkeit nicht so hoch.