Die Schweiz hat sie beinahe wieder: Die stabilen Preise. Die Geldwertstabilität pendelt sich aber auf einem hohem Niveau ein. So ist zum Beispiel Toilettenpapier der gleichen Marke beinahe doppelt so teuer wie in Deutschland. Der WC-Papier-Wechselkurs ist 1 Euro = 1,85 CHF, der amtliche 1 Euro = 0,97 CHF.
"Das erklärte Ziel von höchstens 2 Prozent Inflation ist in Sichtweite", meldet der Blick. Die jährliche Teuerung sank im April um 0,3% auf 2,6%. Damit ist die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihrem Ziel, die Teuerung bei 0 und 2% zu verankern, recht nahe.
Hintergrund: Die SNB fokussiert sich zur Gänze auf die Inflation. Die Europäische Zentralbank (EZB) hüpft zwischen mehreren Zielen hin und her. Ihre Vertreter haben sich "günstigen Finanzierungsbedingungen" verschrieben. Diesem Ziel widmen sie in Reden, Stellungnahmen und Interviews mindestens die gleiche Aufmerksamkeit wie dem offiziellen Inflationsziel von 2%.
Dem Euro gewogene Akteure am Devisenmarkt sehen gerade ein Schlupfloch für die Gemeinschaftswährung aufzuwerten. Wegen der tiefen Inflation werde die SNB von kräftigen Leitzinserhöhungen absehen. Insofern sei der Ausblick für den Schweizer Franken sei wegen eines Zinsnachteils eingetrübt, argumentieren sie.
Deutschland und Österreich kommen von der chronischen Sockelinflation partout nicht runter. Im Euro-Währungsgebiet kletterten die Verbraucherpreise im April um 7,0% (+0,1%). Stabile Preise: Fehlanzeige. Der Rückstand zur Schweiz weitet sich von 4,0% auf 4,4% aus.
Auch wenn man alle positiven Aspekte für den Euro in die Waagschale wirft, bleibt die Geldentwertung schlichtweg zu hoch. Läuft es wirklich gut, ist die Eurozone in der Lage den Inflationsrückstand zur Schweiz auf 3% zu drücken. Das wäre jedoch immer noch doppelt so hoch wie im langfristigen Mittel zwischen 2000 und 2020.
Wahrscheinlicher ist, dass sich der Unterschied bei 4% einpendelt. Um diese 4% wird sich der Euro dann abschwächen müssen. Nimmt man vier Prozent vom Eurokurs von 0,99 CHF zu Jahresbeginn runter, ist man bei 0,95. Dieses Kursziel für Anfang 2024 wird vom kurzfristigen SNB-Leitzins kaum beeinträchtigt.
Toilettenpapier-Euro
Die Rolle Toilettenpapier einer Premiummarke mit fast identischen Verpackungsdesign und dem gleichen Hundewelpenfoto kostet in der Schweiz 1,24 CHF. In Deutschland 0,67 Euro.
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Damit Menschen mit Euro-Einkommen aus Deutschland oder Österreich nicht benachteiligt werden, wenn sie in der Schweiz Toilettenpapier kaufen, müsste der Eurokurs bei 1,85 CHF sein. Das ist natürlich utopisch.
Umgekehrt haben die Schweizerinnen und Schweizer einen großen Vorteil. Eine Gurke ist in Deutschland sogar sechsmal günstiger, zeigt ein aktueller Testkauf im Auftrag der Zeitung Südkurier. Für Mehl bezahlen sie ein Drittel des Verkaufspreises in der Schweiz. Die Ersparnis für 250 Gramm Butter ist 1,40 CHF.
🔗 Lohnt es sich in Deutschland einkaufen zu gehen?, Südkurier, 20.05.23