Die Kursgewinne des Euro sind die größten seit drei Monaten. Der Schweizer Franken verliert am Devisenmarkt seinen 5-Sterne-Status. Ursache: Das Inflationsziel der Schweiz ist nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben ist. Entsprechend hoch sind die Chancen, dass sich der EUR/CHF-Kurs die Eins als erste Kommastelle holt.
Plötzlich ist der Schweizer Franken eine unattraktive Währung. Die Zinserhöhung von 0,25% auf 1,75% der Schweizerischen Nationalbank (SNB) reicht nicht aus, um die Inflation in der Mitte ihres Zielbandes, das bei 0% beginnt und bei 2% endet, zu drücken. Stattdessen gibt sich SNB-Chef Jordan mit Teuerungen von über 2% zufrieden. Das ist eine faustdicke Überraschung.
1,00 ist für den EUR/CHF-Kurs in Reichweite, nachdem er auf ein 7-Wochenhoch bei 0,9840 kletterte. Aus charttechnischer Sicht sieht es freundlich für den Euro aus. Ein Aufwärtskanal, der in der letzten Woche begann, dominiert die kurzfristige Kursentwicklung. Zudem wären höhere Kurse kein Neuland. Im März 2023 stand der Euro bei 1,0040 CHF.
SNB-Jordan setzt Inflation ÜBER 2%
Eine neue Stärkephase des Schweizer Franken kommt wegen den hohen Teuerungsprognosen in den nächsten Wochen nicht in Frage. Die SNB informiert in ihrer Lagebeurteilung vom 22. Juni:
"Gemäss neuer Prognose beträgt die Inflation nun im Jahresdurchschnitt 2,2% für 2023 und 2024 und 2,1% für 2025."
Notenbankchef Thomas Jordan lässt die Devisenmarktakteure sich am Kopf kratzen. Warum hat er den Leitzins nicht um 0,50% angehoben, um die Inflation unter 2% zu drücken? Dies wäre auch insofern sinnvoll gewesen, als die SNB nur alle drei Monate einen Zinsentscheid fällt.
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist flinker. Sie hat den Leitzins vor einer Woche um 0,25% angehoben und bereits eine weitere Erhöhung auf ihrer nächsten Sitzung am 27. Juli in Aussicht gestellt. Aktuell hat man eine Situation, in der der Euroraum-Leitzins (noch 4%) dem Schweizer Leitzins (1,75%) weiter davon läuft.
Deswegen ist die Zeit für einen Anstieg des EUR/CHF-Kurses reif. Bereits seit zwei Wochen dominieren die Euro-Käufer. Damit das so bleibt, muss der Eurokurs bis zum Beginn des zweiten Halbjahres einen bedeutenden Meilenstein bei 0,9860 CHF erreichen. Anschließend könnte er wieder etwas sinken, um Kraft zu tanken. Danach, Ende Juli/August, wäre dann Platz für einen Anstieg auf 1,00 CHF.
Umgekehrt würde es bei folgender Kursentwicklung zu einem Comeback des Schweizer Franken kommen: Der Eurokurs bleibt bei 0,9840 CHF hängen und bildet mit dem Hoch vom 5. Mai eine Doppel-Top-Formation. Die, die den Euro aggressiv gekauft haben, werfen nun das Handtuch.
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