Wegen dem sich festigenden Ausblick auf weiter steigende Euro-Zinsen verbessert sich der EUR/CHF-Kurs von 0,95 auf 0,96. Ist das der Beginn einer mehrwöchigen Aufbäumphase? Oder handelt es sich um einen Huckel im EUR/CHF-Abwärtstrend?
Die Inflation kann sich in bestimmten Fällen als zweischneidiges Schwert für den Euro-Franken-Kurs erweisen: Konkret geht es um die Kerninflation. Sie klammert die Preisentwicklungen von Energie und Lebensmitteln aus. Diese Teuerungsrate verharrte im Euroraum im Juli bei 5,5 Prozent. Rückgang Fehlanzeige!
Wäre die Kerninflation auf 5 Prozent gesunken, hätte man sagen können: Die Inflationsentwicklung ist auf dem richtigen Weg. Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte zu einer Geldpolitik der ruhigen Hand übergehen.
Stattdessen ist die EZB gezwungen, die Zinsen weiter anzuheben. Der Euro honoriert den Ausblick auf weiter steigende Zinsen mit einer leichten Aufwertung gegen den Schweizer Franken.
Wo ist die Geldwertstabilität?
Steigt die "normale Inflation" (Headline Inflation) getrieben von Energie- und Lebensmittelpreisen, haben die EZB-Vertreter eine Ausrede: Auf die Öl- und Gaspreise habe man schließlich keinen Einfluss.
Bei der Kerninflation können sie diese Ausrede nicht geltend machen. Solange die Kerninflation mehr als 3,5 Prozent über dem Inflationsziel ist, muss die EZB die Zinsen erhöhen. Tut sie es nicht, geht Glaubwürdigkeit verloren.
Seitdem die EZB vor knapp zwei Jahren die Kontrolle über die Inflation verloren hat, sank der EUR/CHF-Kurs von 1,09 auf 0,95. Insofern ist der aktuelle Anstieg auf 0,96 ein Tropfen auf den heißen Stein.
"EUR/CHF wird erst wieder auf 1,00 steigen, wenn sich die globale Inflation wieder dem Schweizer Niveau annähert", sagen die Devisenexperten der ING Bank.
Doch bis dahin ist noch ein weiter Weg: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat Inflation und Kerninflation weitestgehend unter Kontrolle. Die Raten liegen hier bei 2 Prozent. Sie sind damit in Einklang mit der Geldwertstabilität, die es im Euroraum seit geraumer Zeit nicht mehr gibt und auch nicht so schnell wieder geben wird.
Auch für denn Fall, dass die EZB die Zinsen im September ein weiteres Mal anheben wird, bleibt sie ein zahmer Bettvorleger. Ein Tabula Rasa bei der Bekämpfung der Inflation, indem man den Leitzins auf oder über das Niveau der USA hochsetzt, wird es mit EZB-Chefin Lagarde nicht geben. Dann kämen hochverschuldete Euroländer wie Italien bereits 2024, und nicht 2025, wie von den Finanzmärkten erwartet, ins Schwimmen.
Der leichte Anstieg des Euro auf 0,96 CHF wird sich daher wohl als Huckel herausstellen. Der Kelch eines neuen Rekordtiefs unterhalb von 0,94 dürfte am Euro-Franken-Kurs nicht vorübergehen.