Franken-Kredite zeichnen sich in Österreich dadurch aus, dass man mit ihnen etwas verdient. Anders in Deutschland. Hier richtet die galoppierende Aufwertung des Schweizer Franken (CHF) finanzielle Schäden an.
Untersucht man einen typischer Franken-Kredit, wie ihn ein Häuselbauer in Österreich oder eine deutsche Kommune in den 00-Jahren aufnahm, ergibt sich folgende Gewinn- und Verlustrechnung:
Deutschland
Kommunen nahmen die so genannten CHF-Kassenkredite. Sie waren laut hiesigen Gemeindverordnungen "zur rechtzeitigen Leistung der Ausgaben" erforderlich. Der Wechselkursverlust übersteigt die Zinsersparnis erheblich. Auf der Habenseite hat die Kommune nichts.
Österreich
Österreichs private Haushalte waren in den 00er-Jahre Europameister bei der Aufnahme von Franken-Krediten. Mit ihnen wurde das Eigenheim finanziert. Es folgten Polen und Ungarn.
Anders als in Deutschland, wo CHF-Kredite in der Regel Fixzinskredite waren, wurden sie in Österreich variabel verzinst. Dadurch haben Kreditnehmer während der zehnjährigen Null- und Negativzinsphase in der Schweiz (siehe unten) viele Zinsen gespart.
Auch hier ist der aus der drastischen Aufwertung des Schweizer Franken zum Euro (EUR) entstandene Wechselkursverlust sehr hoch.
Der Wert des Eigenheims hat sich während der Kreditlaufzeit merklich gesteigert. Bares Geld hat man zwar mit seinem CHF-Kredit nicht verdient. Diese Möglichkeit besteht nur, wenn sich der Euro zum Franken aufwertet (siehe unten).
Dank des gekauften Eigenheims blieb man von denen mit dem steilen Anstieg der Immobilienpreise verbundenen Mietpreissteigerungen verschont.
Dem Wechselkursverlust steht damit eine deutlich wertgesteigerte Immobilie gegenüber. Das ist den Banken natürlich nicht verborgen geblieben. Sie zeigen sich angesichts des gestiegenen Wertes ihrer Sicherheiten kulant, Kreditlaufzeiten zu verlängern.
Die Banken wollen Kreditnehmer aus ihren Franken-Krediten hinausbegleiten und ihnen einen Euro-Fixzinskredit verkaufen. Das ist für die Bank am profitabelsten und bequemsten. Auf der Webseite der Bank Austria heißt es beispielsweise:
"Die Bank Austria empfiehlt allen Kund:innen mit FremdwährungsKrediten, risikoreduzierende Maßnahmen zu ergreifen!"
EUR/CHF-Prognose 2026
Einer neuen Langfristprognosen zufolge hat der Euro das Schlimmste überstanden, nachdem er zwischen 2007 und 2022 von 1,68 auf 0,94 CHF (-44%) abstürzte. Der Euro-Franken-Kurs werde 2024 auf 1,00 steigen und die Parität bis Anfang 2026 halten, erwartet die ING Bank.
Beispiel:
Franken-Kredit im Gegenwert von 150.000 Euro aufgenommen zu einem EUR/CHF-Kurs von 1,55 im September 2005. Kreditsumme: 150.000 Euro mal 1,55 = 232.500 Franken.
Bis Herbst 2007 steigt der EUR/CHF-Kurs auf 1,68 und der Kreditnehmer verdient mit seinem Kredit 11.607 Euro:
232.500 Franken geteilt durch 1,68 = 138.393 Euro
150.000 Euro minus 138.393 = +11.607 Euro
Dann beginnt eine für alle Beteiligten unvorstellbare Talfahrt des EUR/CHF-Kurses. In mehreren Stufen geht es auf 1,50 (2011), danach auf 1,20 (2011) und 0,98 (Mindestkurs-Aus 2015) auf schließlich 0,94 bergab.
Der Wechselkursverlust des Franken-Kredits schwelt auf 65% und wird beinahe sechsstellig:
232.500 Franken geteilt durch 0,94 = 247.340 Euro
150.000 Euro minus 247.340 Euro = -97.340 Euro
Dem Wechselkursverlust steht eine doppelt so hohe Wertsteigerung der Immobilie gegenüber. Zwischen 2010 und 2023 verteuerte sich Wohnraum um 131%. Der Häuser- und Wohnungspreisindex (HPI) von Statistik Austria kletterte von 96,4 Punkte auf 221,8 Zähler.
Nahm der Häuselbauer im Jahr 2005 die Kreditsumme von 150.000 Euro, um eine Immobilie im Wert von 140.000 Euro zu kaufen (bei 10.000 Euro Kaufnebenkosten für Gebühren, Steuern und Kommissionen), hat dieses Eigenheim heute einen Marktwert von 323.400 Euro
Abzüglich des Wechselkursverlustes von 97.340 Euro bleibt ein dicker Verdienst vor Zinsen von 76.060 Euro stehen:
323.400 Euro minus 97.340 Euro Wechselkursverlust = 226.060 Euro
226.060 minus 150.000 Euro Anschaffungskosten = 76.060 Euro
Zinsen
Der Kreditnehmer hat mit der Banken im Kreditvertrag vereinbart: CHF 3-Monats-Libor zuzüglich eines Aufschlags (Marge) von 0,6% Zinsen. Die Zinszahlungen werden quartalsweise fällig. Getilgt wird nichts, als es sich um einen endfälligen Kredit handelt.
CHF 3-Monats-Libor im Jahresmittel (ab 2021: Saron)
2005: 0,8% plus 0,6% Marge = 1,4%
1,4% von 225.000 Franken = 3.150 CHF
3.150 CHF zum damaligen EUR/CHF-Kurs von 1,55 = 2.032 Euro
2006: 1,5%
2007: 2,4%
2008: 2,7%
2009: 0,3%
2010: 0,2%
2011: 0,1%
2012: 0,06%
2013: 0,02%
2014: 0,01%
2015: -0,6%
2016: -0,75%
2017: -0,74%
2018: -0,74%
2019: -0,7%
2020: -0,7%
2021: -0,7% (Saron)
2022: 0,4%
2023: 1,5%
- Zwischen 2005 und 2014 bezahlte der Franken-Kreditnehmer Zinsen von insgesamt 13.000 Euro.
- 2015 bis 2021 wurden keine Zinsen bezahlt. Die CHF-Zinsen waren negativ und fraßen die Marge der Bank auf.
- 2022-2023 sind Zinsen in Höhe von 3.000 Euro zu bezahlen.
Insgesamt bezahlt der CHF-Schuldner 16.000 Euro Zinsen. Diesen Kosten stehen 76.060 Euro gegenüber (siehe oben), die er dank der Wertsteigerung seines Eigenheims und trotz des Wechselkursverlustes verdient hat.
Es bleibt ein Plus von 60.060 Euro.
Kritikpunkte
Es lässt sich einwenden, dass die Wertsteigerung der Immobilie nicht zählt, da der Kreditnehmer in seinem Eigenheim wohnt und es im Endeffekt egal ist, ob das Haus 100.000 Euro mehr oder weniger wert ist (er will ja nicht verkaufen).
Der endfällige Franken-Kredit wurde oft mit einem Wertpapier-Ansparprodukte (Tilgungsträger) verknüpft. Dies waren in der Regel festverzinsliche Sparprodukte (keine Aktien). Sie haben wegen den langen Phase von Null- und Negativzinsen bei weitem nicht das eingebracht, was kalkuliert worden war.
Die hohen Provisionen auf solcher Tilgunsträger sind berüchtigt. Bei Lebensversicherungen war es oft so, dass der Kunde das komplette erste Ansparjahr einzahlt, um die Provision des Vermittlers zu decken. Erst danach begann die eigentliche Ansparphase.
Fazit:
Trotz des massiven Wechselkursvserlustes waren die in Österreich vergebenen Franken-Fremdwährungskredite eine gute Sache. Hintergrund ist der steile Anstieg der Immobilienpreise.
Für Banken waren Franken-Kredite keine gutes Geschäft. Sie mussten 2015-2021 auf ihre fest einkalkulierte Marge verzichten. Das taten sie übrigens erst, nachdem die Justiz sie dazu zwang.
Franken-Kreditnehmer in Österreich haben deutlich weniger Zinsen bezahlt als veranschlagt und von der massiven Steigerung der Immobilienpreise profitiert.
In Deutschland haben Kommunen mit langfristig laufenden Franken-Krediten kurzfristige Ausgaben bestritten.
Der Schuss ging nach hinten los, zumal diese CHF-Kassenkredite nicht variabel verzinst waren man nicht von den Negativzinsen in der Schweiz profitierte.
Nützliche Links:
🔗FremdwährungsKredite: Informationsseite der Bank Austria
🔗 Schweizer Franken Kredit 2023, infina.at
🔗 Langfristprognose EUR/CHF, ING Bank (Reiter FX)
🔗 Häuserpreisindex, Statistik Austria
🔗 CHF-Kredit: Füssen steigt vorzeitig aus