Die Schweiz verfolgt das Ziel sich von der schwachen Wirtschaft im "Grossen Kanton" unabhängiger zu machen. Gelingt das, geht der Schweizer Franken durch die Decke.
"In der Schweiz rutscht die Wirtschaft weiter ab und wir sind nahe an der Rezessions-Schwelle", heißt es im neuen Sentix-Konjunkturbericht für September.
Für den Schweizer Franken bedeutet das: Er muss sich mit dem Erreichen eines Rekordstandes zum Euro gedulden, zumal auch dem KOF Konjunkturbarometer zufolge die Alarmsignale blinken.
Die Schweizer Wirtschaft habe in der näheren Zukunft mit einer eher ungünstigen Konjunktur zu rechnen, so die Konjunkturforschungsstelle (KOF) in Zürich.
Wenn die deutsche Industrie hustet, bekommt die Schweizer Industrie eine Grippe. Ganz so schlimm ist die Abhängigkeit zwar nicht (siehe unten), es geht aber in diese Richtung.
Deutschlands Industrieproduktion gehe "beschleunigt zurück", steht im neuen Einkaufsmanagerrepor der Hamburg Commercial Bank und S&P Global.
In der fertigenden Industrie der Schweiz trübten sich die Geschäftsaussichten ein, schreibt die Deutsche Bank in ihrem Währungsbulletin. Die Auswirkungen auf den Schweizer Franken halten sich in Grenzen.
95-97 Rappen per 1 Euro
Den Schweizer Franken Prognosen der Deutschen Bank zufolge wird der Euro-Franken-Kurs im November bei 0,97 und im Februar 2024 bei 0,95 stehen.
Hintergrund: Eine weitere Leitzinserhöhung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) um 0,25% auf dann 2% "scheint ausgemacht", sagen die Experten der Deutschen Bank.
Eine solche SNB-Zinserhöhung sei im gegenwärtigen Umfeld nicht notwendigerweise eine gute Sache für den Franken, argumentieren die Euro-Fans.
In der Schweiz gibt es einen speziellen Mechanismus: Hebt die SNB die Zinsen an, führt das zu einem Anstieg des hypothekarischen Referenzzinssatzes. Daraufhin folgen dann Mietpreissteigerungen.
Diese Mietpreissteigerungen verunsicherten einen Teil der Bevölkerung und belaste damit den Konsum, lässt sich argumentieren. Neben der geschwächten Industrie sei damit die zweite tragende Säule der Volkswirtschaft angeknackst.
Wahrscheinlicher ist jedoch Folgendes: Die SNB-Zinserhöhung stützt den Franken. In der Schweiz ist die Inflation niedriger als die Zinsen.
In Deutschland, Österreich und ihren noch höher inflationierten östlichen Nachbarstaaten ist es umgekehrt.
Die hohe Geldwertstabilität in der Schweiz macht am Ende den Unterschied. Versuche des Euro, mehrere Monate am Stück gegen den Franken zuzulegen, sind deswegen zum Scheitern verurteilt.
Weiterlesen: Der längerfristige EUR/CHF-Ausblick 2027
Für die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM) heißt es sich von Deutschland und der EU unabhängiger zu machen. Leichter gesagt, als getan.
2022 gingen 16% der Schweizer Exporte nach Deutschland, 7% nach Italien, 6% nach Frankreich und 3% nach Österreich. Dem standen 18% mit Destination USA und 6% China gegenüber.
Handel betreibt man vor allem mit seinen Nachbarn, und das sind nun einmal EU-Länder. Insofern wäre es für die Schweiz besser, wenn die Rezession in Deutschland bald enden würde. Dafür gibt es aber keine Anzeichen.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte in der zweiten Hälfte ihrer Amtszeit die Wirtschaftspolitik stiefmütterlich behandelt. Das rächt sich nun.
Die Schweiz macht es besser. Sie hat diese typischen deutschen Extreme – einmal machen sie ganz viel Reformen, wie unter Schröder, dann überhaupt nichts, wie unter Merkel – tunlichst vermieden.