Muss der Franken den Euro sogar auf 1,03 zurück lassen?
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Muss der Franken den Euro sogar auf 1,03 zurück lassen?

Wer konnte sich am Schwarzen Donnerstag (15.01.2015) ausmalen, dass der EUR/CHF-Kurs jemals wieder auf 1,20 steigt?

Derzeit ist die Situation ähnlich: Der Eurokurs crashte Ende 2023 von 0,97 auf 0,9250 CHF. Nun erholt er sich. Aktuell notiert er mit steigender Tendenz auf einem 2-Monatshoch bei 0,9540.

Nachdem die Schweizerische Nationalbank (SNB) Anfang 2015 den Mindestkurs aufgehoben hatte, war der Crash des Euro von 1,20 auf 0,98 CHF exorbitant.

Entsprechend lange dauerte es, bis die frühere Stützgrenze bei 1,20 im April/Mai 2018 erreicht wurde.

Die Rückkehr auf 0,97 dürfte deutlich schneller gelingen, als die Ampeln für den Euro auf grün stehen.

Weiterlesen: CHF Dumping - Euro läuft zur Höchstform auf

Es gibt einen zweiten Euro-Crash. Ihn sieht man besser auf einem Monats-Chart: Er begann mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs vor zwei Jahren. Wird auch dieser rückgängig gemacht, würde der Eurokurs auf 1,03 CHF klettern.

Während die charttechnischen Weichen für eine merkliche Erholung des Euro zum Schweizer Franken bereits gestellt sind, tappen auf der fundamentalen Seite stehende Devisenmarktakteure noch im Dunkeln.

Ihnen fehlt eine Story, um einen typischen Kausalzusammenhang zu formulieren. Oft werden auch mehrere Kausalzusammenhänge verschachtelt, was viele Leser überzeugender finden. Gesucht wird etwas wie:

  • Weil die EU den bilateralen Freihandelsvertrag mit dem Verarbeitenden Gewerbe der Schweiz kappt, schwächt sich der Schweizer Franken ab.
  • Weil die SNB wegen akuten Deflationsgefahren ihren Leitzins vor der EZB senkt, wird der Franken unattraktiv.
  • Wegen Waffenstillstand in Ukraine ist der Franken als Sicherer Hafen wenig gefragt.

Trittbrettfahrer

Es gibt zunehmend Indizien, die dafür sprechen, dass zu viele Marktakteure in den letzten zwei Jahren den Schweizer Franken gekauft haben (Crowded Trade).

Langfristige EUR/CHF-Entwicklung mit eingezeichneter Pfeil Prognose bis 2025

Bis 2018 waren CHF-Longpostionen etwas für Contrarians. Das hat sich inzwischen geändert. Der breite Einstieg der Mainstream-Akteure bereitet langjährigen Franken-Fans Bauchschmerzen.

Die Mainstream-Franken-Käufer haben den EUR/CHF-Kurs zu rasch nach unten gedrückt. Vor Covid-Ausbruch, Ukraine-Krieg und galoppierender Euro-Inflation war 1 Euro = 1 CHF für 2024/25 erwartet worden.

Aus der Sicht der Contrarians muss der Mainstream eins auf die Mütze bekommen. Dieser Prozess ist nun in Gang gekommen.

Für Trittbrettfahrer, die den Franken zu EUR/CHF-Kursen um 0,95 kauften, wird der Franken bei einem Anstieg auf 0,97 oder 1,03 unattraktiv. Sie verkaufen ihre Postionen und suchen sich etwas mit mehr Action (Volatilität).

Anschließend wird der Franken zum Euro wieder auf einen gemächlichen Aufwertungspfad einschwenken (so wie 2018-2022). Den Trittbrettfahrern ist das zu langweilig. Der langsam sinkende EUR/CHF-Kurs fliegt von der Watchlist.

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