Die Schweiz staunt nicht schlecht über das gute Abschneiden des Euro. Zuverlässig findet er zurück in die Anstiegsspur. Der Aufwärtstrend des Euro ist noch für die eine oder andere Überraschung gut.
"Ungewohnterweise hat die Schweizer Währung in diesem Jahr gegenüber dem Euro nachgegeben", berichtet die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) fest. "Der Devisenmarkt ist keine Einbahnstraße”, schreibt die Wirtschaftsredaktion in Anspielung an die von Frankenstärke geprägten Vorjahre.
Nach kurzem Rückfall auf 0,9570 CHF, ausgelöst durch eine Flucht in sichere Häfen wegen des Angriffs Israels auf den Iran, verfolgt der Euro folgendes Ziel: Er will das Hoch des Aufwärtstrends vom 4. April 2024 bei 0,9850, was zugleich der höchste Stand der EUR/CHF-Entwicklung seit 11 Monaten ist, testen. Dieser Test kann in drei Varianten erfolgen:
- Der Eurokurs kommt nicht ganz an 0,9850 CHF heran. Er bildet ein tieferes Hoch (TH).
- Der Eurokurs steigt präzise auf 0,9850 CHF. Es entsteht ein Double Top.
- Der Eurokurs steigt über 0,9850 CHF und bildet ein höheres Hoch (HH).
Ob es nach dem Test zur Fortsetzung des Aufwärtstrends kommt, wird bereits zuvor entschieden. Dies hängt von der Qualität des Anstiegs ab.
Beispiel 1: Eine Mehrheit weißer Euro-Trendkerzen ohne viel Überlappung in einem engen Aufwärtskanal auf 0,9870 würde trotz gerissener Aufwärtstrendlinie eine Fortsetzung des Anstiegs auf 1,00-1,01 anzeigen.
Beispiel 2: Ein tieferes Hoch bei 0,9820 mit einem Verhältnis von etwa 40% schwarzen Kerzen, 40% weißen Kerzen und 20% wenig aussagekräftigen Kerzen, bei denen Eröffnung und Schlusskurs ähnlich sind (Doji-Kerzen), wäre ein schwacher Test.
Aktuell lehnen es Devisenhändler trotz gerissener Aufwärtstrendlinie ab, auf eine Trendumkehr hin zu fallenden Kursen zu spekulieren. Eine Trendfortsetzung ist das bessere Setup.
Deswegen entsteht ein High-2-Kaufsignal. Eine andere geläufige Bezeichnung, auf die man in der Fachliteratur trifft, ist ABC-Korrektur. Das A ist der erste Pullback mit den fünf schwarzen Kerzen. B ist der leichte, zwei Kerzen kurze Anstieg. C ist der kurze, scharfe Pullback.
Das High 2 bzw. die ABC-Korrektur lösen ein Euro-Kaufsignal ein Zehntausendstel (1 Pip) über dem Hoch von Kerze C aus, also bei Erreichen eines Kurses von 0,9718.
Wer jetzt auf den Euro setzt, braucht Geduld. Aktuell ist die Eintrittswahrscheinlichkeit für einen Anstieg nach dem Übertreffen des Hochs von Kerze bei gleichweitem Stop-Loss und Take Profit lediglich 55%. Es ist besser auf ein Second Signal zu warten, also beispielsweise eine weiße Inside-Kerze, deren Hoch unter dem Hoch von Kerze C und Tief unter dem Tief von Kerze C ist.
Ferner ist Kerze C ein Klimax-Reversal. Sie vereint übereilten Rückfall und hastigen Anstieg. Gemäß Price Action ist das zu viel Auf und Ab (Volatilität) auf einmal. Bei Handelsempfehlungen unmittelbar nach einem Klimax-Reversal ist daher Vorsicht geboten.
Es dürfte nun erst einmal zu einem Seitwärtsverlauf für mehrereTage kommen. Danach wird der Schweizer Franken dürfte der Schweizer Franken erneut Opfer der Trägheit des Devisenmarktes werden.
Diese Trägheit beschreibt das Phänomen, das Kurse entlang des gleichen Strickmusters verlaufen, bis es nicht mehr anders geht. Ein Beispiel dafür war die Aufwertung des Schweizer Franken von 1,11 per 1 Euro auf 0,9250 zwischen März 2021 bis Dezember 2023.
Um die monotone Talfahrt zu beenden, musste der Euro mit 0,9250 CHF ins Bodenlose fallen. Erst jetzt waren Devisenmarktakteure bereit, auf den zu schwachen Euro umzusteigen.
Aktuell ist der Euro an der Reihe. Knapp drei Jahre dürfte er zwar nicht schaffen. Gelingt es ihm, die gefährlichen Sommermonate zu überstehen, könnte er bis Ende September auf ca. 1,01 steigen und ein Exzess vorläge.
Jetzt wäre der Euro nicht nur gemäß Charttechnik und Price Action zu hoch bewertet. Auch dem faire Euro-Franken-Wechselkurs, basierend auf der Kaufkraftparität, wäre 1,01 deutlich zu hoch.