Der Euro beendet die Siegesserie des Schweizer Franken. Thomas Jordan geht ins englischsprachige TV, um institutionelle Anleger anzusprechen. Seine Botschaft: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat neue Einwände gegen eine Aufwertung des Frankens.
"Ready to Intervene in Forex Market", sagt Jordan im Interview auf dem TV-Börsenkanal CNBC. Er wiederholt mündlich, was er wenige Stunden zuvor in der schriftlichen Lagebeurteilung seiner SNB abdrucken und verschicken liess:
"Die Nationalbank ist bereit, am Devisenmarkt aktiv zu sein."
Das Ergebnis ist für die SNB zufriedenstellend. Notenbankchef Jordan ist wegen negativen Effekten auf die Schweizer Exporte und einem damit verbundenen Anstieg der Arbeitslosigkeit stets darauf bedacht, einen zu starken Franken zu verhindern.
Wegen des schwachen Schweizer Wirtschaftswachstums von 1% "dürfte die Arbeitslosigkeit weiter leicht ansteigen und die Auslastung der Produktionskapazitäten leicht sinken", heißt es in der neuen Lagebeurteilung.
Der Schweizer Franken schwächte sich am Tag des SNB-Entscheids um 0,4% gegenüber den Euro ab. Zwischenzeitlich waren es 0,7%. Allerdings kann der Euro den höheren Kursgewinn nicht über die Ziellinie retten.
Der Devisenmarkt singt das "alte Lied". Er reagiert auf von der SNB in der Öffentlichkeit gemachte Deviseninterventionsabsichten verhalten.
Würde er die Äußerungen von SNB-Vertretern ernst nehmen, hätte der Euro am Tag des Entscheids eine weiße, große Trendkerze in die Kursentwicklung gesetzt.
Dies gelingt ihm aber nicht. Der Devisenmarkt hat Zweifel an der von der SNB kommunizierten Absichten, den Franken abzuschwächen.
In den Medien und der Devisenpresse gibt es stets eine Mehrheit von Artikeln und Beiträgen, die der SNB zutrauen, den Franken abzuschwächen. Was hier kommuniziert wird, ist aber nur ein kleiner Ausschnitt.
Es entspricht nicht der Auffassung des Devisenmarktes: Zählt man alle EUR/CHF-Markteilnehmer zusammen und gewichtet sie nach ihren Geldmitteln, gibt es eine Mehrheit für einen starken Franken.
Medien sind auf Werbeeinnahmen angewiesen und mit eine "aggressiven Forex-SNB" können sie größere Besucherströme auf ihre Webseiten und Apps lotsen.
EUR/CHF: SNB will Seitwärts-Sommer
Mit Blick auf die Euro-Franken-Rate dürfte sich Jordan bereits mit einem mehrmonatigen Seitwärtsverlauf zufrieden geben. Das hat er noch jedes Mal getan.
Es ist besser als eine Fortsetzung der jüngsten Stärkephase des Frankens, welche Jordan im Interview beanstandet. Sie hatte in den dreieinhalb Wochen vor dem SNB-Entscheid zu einer Aufwertung des Frankens gegen den Euro um 4,5% geführt.
Interessant an dem Jordan-Interview ist Folgendes: Der SNB-Chef zögerte eine Millisekunde, bevor er das Wort "Intervene" benutzte, um seine Bereitschaft zu Devisenmarktinterventionen auszudrücken.
Solche Nuancen nimmt der Devisenmarkt zur Kenntnis. Zwar werden Körpersprache und Gesichtsausdrücke von Jordan nicht so akribisch von Experten analysiert wie die von US-Notenbankchefs Jerome Powell. Man kann das aber nicht unter den Tisch fallen lassen.
Das Zögern Jordans ist ein weiteres Indiz dafür, dass die SNB den Franken zum Euro, der Währung des wichtigsten Handelspartners der Schweiz, kaum abschwächen möchte. Die SNB zielt vielmehr auf einen Seitwärtsverlauf der Euro-Franke-Rate in den Sommermonaten.
Das wäre für die Planungssicherheit der Schweizer Exporteure am besten. Ein rasches Hochschießen der Euro-Franken-Rate ist aus der Sicht von Corporate Suisse nur die zweitbeste Variante.
Denn die Exporteure würden einen solchen Anstieg mit einem dicken Fragezeichen versehen. Sie müssten sich darauf vorbereiten, dass der Euro zum Franken wieder genauso schnell fällt, wie er zuvor stieg. Denn das hat er in den letzten zehn Jahren noch jedes Mal getan.
Unsicherheit wegen hohen Kursschwankungen (Volatilität) verursacht Kosten. Von den Banken verkaufte Wechselkurs-Hedging-Produkte sind teuer.
Überdies ist es aus betriebswirtschaftlicher Sicht nachteilig, wenn zu viele Ressourcen für die Beobachtung eines Wechselkurses bereitgestellt werden müssen. Das gilt vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
In der Regel übersteigen dann die aus der Unsicherheit resultierenden Kosten die Einnahmen, die Exporteure mit einem schwächeren Franken, der im Ausland zu sinkenden Verkaufspreisen und höheren Verkaufsmengen führt, erzielen.