Katerstimmung beim Euro: Die Gemeinschaftswährung hat es verpasst, mit dem Schweizer Franken gleichzuziehen. Stattdessen fällt der EUR/CHF-Kurs recht rapide auf 0,9790 (-1,6%). Naht das Ende des Aufwärtstrends?
Was bisher passiert ist:
- Das Eins-zu-Eins in greifbarer Nähe, steigt der EUR/CHF-Kurs am Montag auf 0,9930.
- Der Euro hat zu diesem Zeitpunkt so viel Schwung, dass ein Overshooting auf 1,0040 CHF angezeigt wird.
- Anstatt die Lücke zu 1,00 CHF zu schließen, kommt es zu einem plötzlichen Rückgang.
- Mittwoch und Donnerstag sind die Kursverluste des Euro besonders hoch.
- Der Devisenpresse zufolge ist die Schweizerische Nationalbank (SNB) Auslöser des Kursrückgangs.
- SNB-Chef Thomas Jordan sagt: Führt die in den letzten Monaten stattgefundene Abschwächung des Schweizer Frankens zu einem Inflationsanstieg, könne man mit Franken-Stützungskäufen intervenieren.
"Die Drohung mit dem Eingriff in den Devisenmarkt zog. Der Euro schwächte sich in der Folge bis auf 97,88 Rappen ab", heißt es auf cash.ch.
Die Journalisten-Kollegen aus Frankfurt haben derweil einen interessanten Beitrag lanciert. Der Titel:
"Technische Analyse: Die beste Zeit liegt hinter dem Schweizer Franken. Eine Trendwende zugunsten des Euros ist sehr wahrscheinlich", schreibt die Frankfurter Allgemeine.
Es wäre wohl besser gewesen, diesen Artikel einige Monate früher zu bringen, also zu einer Zeit, als der der Euro in einem starken Aufwärtstrend war.
Jedoch konnte die unpräzise Technische Analyse mit ihren hinterherhinkenden Indikatoren wie MACD, Bollinger Bänder etc. da noch nichts finden.
Laut der auf dem Lesen von Kerzen (Candlesticks) spezialisierten Price Action trat der Euro Ende Februar 2024 in einen Aufwärtstrend zum Schweizer Franken ein.
Wahrscheinlich haben die Journalisten der Devisenpresse nicht die Zeit, 1.500 Seiten Price Action zu lesen und das Erkennen von Formationen immer wieder zu üben.
Das Problem mit der klassischen Technischen Analyse ist, dass sie nicht mehr so gut funktioniere wie noch in den 1970er und 1980er Jahren, erläutert der Profi-Händler Peter Brandt 🔗im Buch "Die unbekannten Magier der Märkte".
Er verweist dabei vor allem auf die vielen Fehlausbrüche (Failed Breakouts) aus klassischen Technischen-Analysen-Seitwärtsformationen wie Dreiecken, Schulter-Kopf-Schulter. Sie würden vom Hochfrequenzhandel herbeigeführt.
Laut Price-Action-Lehre sind jegliche Breakouts aus Seitwärtsformationen zunächst einmal als suspekt. Die meisten dieser Versuche scheitern.
Das ist ein wichtiger Grund, warum die Price Action heutzutage vorzuziehen ist. Denn eine der wichtigsten Fähigkeiten eines Kursprognostikers ist es, zu erkennen, ob ein Breakout gelingt oder scheitert.
In US-Finanzkreisen hat Price Action einen hohen Stellenwert. In deutschsprachigen Raum ist man noch nicht so weit. Es gibt kein vernünftiges Buch in deutsch über Price Action.
Novizen kaufen Euro
Wenn die, die sich ansonsten kaum für den EUR/CHF-Kurs interessieren, nach einer ausgedehnten Rallye in den Euro gehen, muss man vorsichtig werden.
Beispiel: Der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder hält nicht viel auf Aktien und schwört stattdessen auf das Sparkassen-Sparbuch. Würde Schröder sich plötzlich für Aktien interessieren, wäre das ein Zeichen, dass der Dax überhitzt ist.
EUR/CHF-Ausblick
Noch ist ein Anstieg des Euro auf 1,00 CHF nicht vom Tisch. Das Hoch bei 0,9930 vom 27. Mai lag um 1% über dem zuvorigen Swing Hoch des Aufwärtstrends.
Das ist ein gutes Zeichen für den Euro, als hier auf einen steigenden EUR/CHF-Kurs wettende Akteure in der Lage waren, einen Spekulationsgewinn zu machen. Sie haben den Breakout auf das Hoch bei 0,9930 dominiert.
Marktteilnehmer, die Euro am zuvorigen Swing Hoch bei 0,9840 verkauften, um Gewinne mitzunehmen, waren hingegen unterlegen.
Daraus lässt sich ableiten: Der Euro wird das Hoch bei 0,9930 noch einmal testen. Ob dieser Anstieg stark genug ist, um auf 1,00 CHF hochzugehen, kann jetzt noch nicht gesagt werden.
Man wird sehen müssen, welche Kerzen gebildet werden und wie sie sich zu einander verhalten:
Beispiel: Der Euro steigt in zwei Wochen im frühen europäischen Handel auf 0,9950. Während des gesamten Tages bleiben Rücksetzer (Pullbacks) bei 0,9935-0,9940 hängen. Das wäre ein Signal dafür, dass der Anstieg auf 1,00 CHF kommt.