Der Franken dreht wieder auf - lässt die SNB das zu?
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Der Franken dreht wieder auf - lässt die SNB das zu?

Die jüngste Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro: Ursachen, Maßnahmen der SNB und die sich daraus ergebenen Wechselkursverläufe.

In den letzten Monaten hat der Schweizer Franken zum Euro stark aufgewertet. Am 5. August 2024 erreichte der Wechselkurs mit 0,9210 einen historischen Tiefstand, nachdem er am 27. Mai 2024 noch bei 0,9930 gehandelt wurde.

Diese Entwicklung sorgt insbesondere in der Schweizer Industrie für Besorgnis, da ein starker Franken die Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Unternehmen gefährdet.

Zwei Tage nach dem Rekordtief forderte der Schweizer Industrieverband Swissmem die Schweizerische Nationalbank (SNB) zum Handeln auf, um die Aufwertung des Frankens zu stoppen.

Beweggründe hinter EUR/CHF-Entwicklung

Der starke Franken ist das Ergebnis mehrerer Faktoren: Zunächst spielt die Unsicherheit an den internationalen Finanzmärkten eine entscheidende Rolle. Sie veranlasst Anleger in sichere Währungen wie den Schweizer Franken zu flüchten. Diese Flucht hat den Franken in den letzten Monaten erheblich gestärkt.

Ein weiterer Beweggrund für die Talfahrt der Euro-Franken-Rate ist die unterschiedliche Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Schweizerischen Nationalbank.

Zwar hat die SNB im Jahr 2024 ihren Leitzins bereits zweimal um jeweils 0,25% gesenkt. Die EZB verringerte bislang nur einmal um 0,25%. Finanzmärkte erwarten jedoch, dass die EZB künftig stärker die Zinsen senkt als die SNB. Diese Aussicht hat bereits zu verstärkten Kapitalflüssen in die Schweiz geführt und den Franken gestärkt.

Ein weiterer Aspekt sind die Inflationsraten. Die Inflation im Euroraum liegt aktuell bei 2,6%, während sie in der Schweiz 1,3% beträgt.

Die höhere Inflation im Euroraum schwächt den Euro gegenüber dem Franken mittel- und langfristig weiter, da die Kaufkraft des Euros im Vergleich zum Franken schneller erodiert. Diese Inflationsdifferenz verstärkt den Druck auf den Euro und trägt zur anhaltenden Aufwertung des Frankens bei.

Die Forderungen von Swissmem

Swissmem, der Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, sieht in der Aufwertung des Frankens eine ernsthafte Bedrohung für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie.

Viele Unternehmen exportieren den Großteil ihrer Produkte ins Ausland, wobei der Euroraum eine zentrale Rolle spielt. Ein starker Franken verteuert Exporte, was zu Umsatzeinbußen und potenziellen Arbeitsplatzverlusten führen kann.

Swissmem fordert daher die SNB öffentlich auf (Link am Ende des Textes), Maßnahmen zu ergreifen, um eine Aufwertung des Frankens zu verhindern. Konkret fordert der Verband eine Lockerung der Geldpolitik durch weitere Zinssenkungen. Auch müsse die SNB Interventionen am Devisenmarkt (Euro-Stützungskäufe) ins Auge fassen.

Mögliche Maßnahmen der SNB

Die SNB hat zwei Hauptoptionen, um die Aufwertung des Frankens zu bremsen: Weitere Zinssenkungen und Devisenmarktinterventionen.

  • Weitere Zinssenkungen
    Eine Möglichkeit wäre, den Leitzins (aktuell: 1,25%) weiter zu senken. Dies würde den Franken weniger attraktiv für Anleger machen, da die Renditen auf Schweizer Anlagen sänken.

  • Devisenmarktinterventionen
    Eine weitere Option ist der Kauf von Fremdwährungen, insbesondere von Euro. Durch solche Interventionen kann die SNB den Franken künstlich schwächen, indem sie den Euro stützt.

Diese Methode wurde in der Vergangenheit bereits angewendet, um den Wechselkurs zu stabilisieren. Allerdings ist diese Maßnahme umstritten, teuer und würde zu einer Aufblähung der Devisenreserven führen.

Zum Thema:
Die Herrin über den Schweizer Franken taumelt

Fazit und Ausblick

Es gibt verschiedene Szenarien, wie sich die SNB entscheiden könnte und welche Auswirkungen dies auf den Wechselkurs dann hat:

Linienchart EUR/CHF Entwicklung mit eingetragenem Rekordtief bei 0,9210

1. Keine weiteren Zinssenkungen und keine Interventionen
Falls die SNB beschließt, weder die Zinsen weiter zu senken noch am Devisenmarkt zu intervenieren, ist es wahrscheinlich, dass der Euro-Franken-Kurs weiter unter Druck gerät und möglicherweise unter die Marke von 0,90 fällt. Die höhere Inflation im Euroraum würde diesen Trend langfristig weiter verstärken.

2. Weitere Zinssenkungen ohne Interventionen
Entscheidet sich die SNB lediglich für eine weitere Zinssenkung, könnte dies den Aufwertungsdruck auf den Franken leicht reduzieren. Der Euro-Franken-Kurs könnte sich stabilisieren, jedoch ist eine starke Erholung des Euros unwahrscheinlich, insbesondere wenn die EZB ihre Zinssenkungen fortsetzt und die Inflationsdifferenz bestehen bleibt.

3. Weitere Zinssenkungen und Devisenmarktinterventionen
Sollte die SNB sowohl die Zinsen weiter senken als auch in den Devisenmarkt eingreifen, wäre ein signifikanter Anstieg des Euro-Franken-Kurses angezeigt. In einem solchen Szenario könnte der Kurs wieder auf 0,99 steigen oder sogar darüber hinaus. Allerdings würde die höhere Inflation im Euroraum die Wirksamkeit dieser Maßnahmen langfristig einschränken.

Die Entscheidung der SNB wird die zukünftige Entwicklung des Euro-Franken-Kurses stark beeinflussen. In jedem Fall bleibt die Situation angespannt, und Unternehmen sowie Anleger sollten sich auf volatile Wechselkurse einstellen.

🔗 Erneut schockartige Franken-Aufwertung - SNB und Politik sind gefordert, Swissmem, 07.08.24