Die großen Zyklen, mit ihren Booms und Blasen, sind die DNA des Euro-Franken-Kurses. Bei Krisen trumpft der Schweizer Franken auf. Der gerade stattgefundene Rückgang auf ein Rekordtief bei 0,92 CHF zeigt das einmal mehr. Es kommen noch tiefere Kurse in den nächsten 12-16 Monaten, ehe der Euro beginnt mehrere Jahre zu steigen.
Nixon-Schock
US-Präsident Nixon schloss im August 1971 das Gold-Fenster. Die USA tauschen seitdem keine Dollar mehr gegen Gold zu 35 USD je Feinunzen. Damit schuf Nixon flexible Wechselkurse ein. Der Schweizer Franken durchlief seitdem fünf große Wechselkurs-Zyklen.
Die ersten Zyklen fielen in die Zeit der Euro-Vorgängerwährungen D-Mark, Franc, Schilling etc. Für sie lässt sich für 1971 bis 1999 ein rechnerischer Euro-Wechselkurs ermitteln, da es den Euro zu dieser Zeit noch nicht gab.
Aktuell befindet sich der Euro-Franken-Kurs im 5. Zyklus. Er begann im Mai 2018, als der Kurs auf 1,20 stand. Um 23% hat er sich der seitdem gegenüber dem Franken abgeschwächt.
Sechs Jahre sind für Wechselkurs-Zyklus nicht sonderlich lang. Die vorherigen dauerten zwischen elf bis 15 Jahre. Das bedeutet nicht, dass es 15 Jahre am Stück bergab geht.
Charakteristisch ist, dass der Euro zum Ende eines Zyklus mehrere Jahre steigt. Diese Anstiegs- oder Aufbäumphasen dauerten in den bisher stattgefundenen Zyklen zwischen zwei und fünf Jahren.
Prognose
Wie lange der fünfte Zyklus dauert, kann nicht prognostiziert werden. Geht man von einem Durchschnitt von zwölf Jahren aus, würde er bis Anfang 2030 gehen. Nimmt man ferner an, dass die Aufbäumphase des Euro vier Jahre dauert, ist mit einem Anstieg frühestens 2026 zu rechnen.
Das passt gut, als die Europäische Zentralbank (EZB) bis 2026 die Geldpolitik per Zinssenkungen und wohl auch wieder Staatsanleihen-Käufen so sehr gelockert haben wird, dass hier das Ende erreicht ist.
Demzufolge hat der Euro-Franken-Kurs anderthalb Jahre Abwärtstbewegung vor sich. In deren Verlauf dürfte er in den Bereich 0,85-0,88 reinfallen, Mit einer kleineren Abwertung um 3% auf 0,90, die die tiefere Inflation in der Schweiz gebietet, wird der Euro voraussichtlich nicht davon kommen.
Zwischen 2027 und 2030 dürfte der Euro 10% steigen, was ihn auf 0,93-0,96 CHF brächte.
Der 5. EUR/CHF-Zyklus
1. Quantitative Lockerung der EZB (2015–2019):
Die EZB startete 2015 ein massives Anleihekaufprogramm (QE), um Deflation zu bekämpfen und das Wirtschaftswachstum zu fördern. Dies erhöhte die Liquidität und senkte die Renditen in der Eurozone, was den Euro schwächte und den Schweizer Franken aufgrund seiner Stabilität stärkte.
2. US-chinesische Handelskonflikte (2018–2019):
Die geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China schürten globale Unsicherheiten. Als sicherer Hafen profitierte der Schweizer Franken davon, was zu einem Rückgang des EUR/CHF führte.
3. COVID-19-Pandemie (2020):
Während der Pandemie suchten Investoren Zuflucht im Schweizer Franken. Die Einführung des "Pandemic Emergency Purchase Programme" (PEPP) durch die EZB stabilisierte zwar die Anleihemärkte der Eurozone, schwächte jedoch den Euro aufgrund des starken Anstiegs der Liquidität weiter. Dies führte zu einem Rückgang des EUR/CHF.
4. Russlands Invasion in die Ukraine (2022):
Der Krieg löste globale Unsicherheiten aus und verstärkte die Nachfrage nach dem Schweizer Franken als sicherer Hafen. Gleichzeitig wurde der Euro durch die Energieabhängigkeit der Eurozone und wirtschaftliche Risiken belastet, was zu einer weiteren Abwertung führte.
5. Niedrigere Inflation in der Schweiz (2022–2023):
Während die Inflation in der Eurozone stark anstieg, blieb die Inflation in der Schweiz niedrig. Dies stärkte den Franken und machte ihn für Investoren attraktiver, insbesondere in Zeiten globaler Inflation.
6. Aggressive Zinserhöhungen der EZB (ab 2022):
Um die Inflation in der Eurozone zu bekämpfen, erhöhte die EZB die Zinssätze deutlich. Dies führte zwar zu einer kurzfristigen Stärkung des Euros, hob jedoch auch strukturelle Schwächen in der Eurozone hervor.
7. Bankenkrise 2023:
Die Schließung mehrerer Banken, darunter die Silicon Valley Bank (SVB) in den USA, sowie die Probleme bei der Credit Suisse in Europa führten zu großer Unsicherheit an den Finanzmärkten.
Die schnelle Übernahme der Credit Suisse durch UBS unterstrich die Risiken im Bankensektor. Diese Ereignisse verstärkten die Nachfrage nach dem Schweizer Franken als sicherer Hafen, wieder sank der EUR/CHF-Kurs. Regulierungsbehörden und Zentralbanken mussten intervenieren, um die Stabilität des globalen Bankensystems zu sichern.
8. Politische Krisen, wirtschaftlicher Abschwung in der Eurozone, Eskalation des Ukraine-Kriegs (2024):
Die Eskalation des Krieges in der Ukraine (die Nutzung ballistischer Raketen durch Russland und westlicher Raketen durch die Ukraine) führt zu einer weiteren Verschärfung der geopolitischen Unsicherheit.
Diese Entwicklung verstärkt die Risikowahrnehmung und treibt die Nachfrage nach dem Schweizer Franken an. Der schwächelnde Euro, gepaart mit der geopolitischen Instabilität, verstärkt die Attraktivität des Franken als Absicherung gegen globale Risiken.
Ferner trugen politische Entwicklungen in der Eurozone zur Unsicherheit bei. In Frankreich kam es zu landesweiten Protesten gegen die Rentenreform der Regierung, was zu politischer Instabilität führte. In Deutschland scheiterte die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz.
Das schwache Wirtschaftswachstum in der Eurozone, vor allem in Deutschland und Frankreich, führt zu Sorgen über die langfristige Stabilität der Region, was den Euro im Vergleich zum Schweizer Franken unter Druck setzte. Die von der Finanz-Community eng beobachteten Einkaufsmanagerindizes/PMI (Stand 22.11.24)) stehen auf Rezession:
- In Deutschland rutschte nach der Industrie nun auch der Dienstleistungssektor in eine Rezession ab.
- Auch in Frankreich sank der Einkaufsmanagerindex (PMI) deutlich unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten, meldet der Finanzdienstleister S&P Global am Freitag.
Nach der Veröffentlichung der PMI stürzte der Eurokurs auf 0,9203 CHF und 1,0330 US-Dollar ab.
Weiterlesen:
CHF Prognosen 2025: 10 Banken sagen 1€ = 95 Rappen