Nutzen für Schweizer Haushalte und Risiken für Exporteure
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Nutzen für Schweizer Haushalte und Risiken für Exporteure

Der größte Teil der Schweizer Exportwirtschaft hat 2025 keine spürbare Wechselkursverschlechterung erlebt. Die Hauptprobleme für die Industrie liegen in der schwachen Nachfrage und in der politischen Unsicherheit – und nicht in einer dramatischen Frankenaufwertung. Schweizer Haushalte haben handfeste Vorteile, wie tiefere Traibstoffkosten.

Die Schweizer Industrie leide unter schwacher Auslandsnachfrage und politischer Unsicherheit. Jean-Philippe Kohl von Swissmem sprach jüngst sogar von einem "giftigen Cocktail" für die Branche, in dem der starke Franken eine entscheidende Zutat sei. Doch diese Einschätzung ist nur bedingt stichhaltig.

Gegenüber dem Euro hat der Schweizer Franken in den ersten vier Monaten des Jahres keine Bewegung gemacht. EUR/CHF handelt mit 0,94 auf dem gleichen Niveau wie zum Jahresanfang. Das unterstreicht, dass die Frankenstärke gegenüber dem wichtigsten Absatzmarkt Europas kein zusätzliches Risiko für die Schweizer Industrie darstellt.

Linienchart EURCHF Entwicklung Kurs 2025

Etwa 60 % der Schweizer Exporte gehen in den Euroraum. Von einer spürbaren Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den wichtigsten Handelspartnern kann also keine Rede sein. Der vielzitierte starke Franken wirkt sich auf das Massengeschäft mit Europa nicht aus.

Anders sieht es gegenüber dem US-Dollar aus. Seit Jahresbeginn hat der Franken gegenüber dem Dollar fast 9 % an Wert gewonnen. Schweizer Exporte in die USA werden dadurch teurer und damit potenziell weniger wettbewerbsfähig.

Roche erklärte, dass das Unternehmen für 2025 ein 5 Prozentpunkte geringeres Umsatzwachstum erwartet, sollte das Wechselkursniveau vom 23. April bestehen bleiben. An diesem Tag notierte der Euro-Franken-Kurs mit steigender Tendenz bei 0,9350 und der Dollar-Franken-Kurs, ebenfalls mit steigender Tendenz, bei 0,83.

Auch Nestlé warnte vor zunehmendem Gegenwind. Finanzchefin Anna Manz sagte gegenüber Analysten, dass die jüngste Frankenstärkung den künftigen Umsatz stärker belasten wird.

Natürlich bleibt die USA ein bedeutender Handelspartner für die Schweiz. Rund 15 % der Schweizer Exporte gehen in die Vereinigten Staaten. Hier hat die Frankenaufwertung gegenüber dem Dollar durchaus Wirkung entfaltet.

Doch ein wesentlicher Teil dieser US-Exporte stammt aus der Pharmaindustrie – einer Branche, die gut kapitalisiert ist und sich gegen Währungsschwankungen effektiv absichern kann. Die Unternehmen verfügen über Finanzinstrumente und Strukturen, die kleine und mittelständische Betriebe nicht in gleichem Maße nutzen können.


Ein wesentlicher Grund, warum die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Herbst 2011 den Euro-Mindestkurs bei 1,20 CHF eingeführt hatte, war folgender: Schweizer Großkonzerne standen nach mehreren Jahren rigorosem EUR/CHF-Sinkflug blank.

Sie wollten die Frankenstärke nicht wahrhaben und hatten ihre Wechselkursabsicherungen aufgebraucht. Bei einem Einpendeln des EUR/CHF-Kurses bei 1,00 hätten sie hohe Verluste gemacht und wären Gefahr gelaufen von ausländischen Unternehmen übernommen zu werden.


Im Schweizer Fernsehen (SRF) äußerte sich Jean-Philippe Kohl: "Wir erwarten einen massiven Rückgang unserer Verkäufe in die USA." Konkurrenten aus der EU müssten bei US-Importen nur 20 % Zoll zahlen, während Schweizer Firmen deutlich höheren Belastungen ausgesetzt wären. Das könne dazu führen, dass US-Kunden lieber europäische Produkte bestellen.

Diese Aussagen sind nachvollziehbar für einzelne Industriezweige, insbesondere Maschinen- und Anlagenbauer. Trotzdem bleibt die Gesamtsicht wichtig: Der US-Markt macht nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Schweizer Exportwirtschaft aus.

Den Franken trifft keine Schuld

Im Deutschen heißt es treffend: „So schnell schießen die Preußen nicht.“ Warnungen von Wirtschaftsverbänden und Schweizer Großkonzerne klingen dramatisch – doch bei genauerem Hinsehen sind überzeichnet.

Die Währungseffekte betreffen vor allem den US-Dollar, nicht aber den Euro. EUR/CHF ist seit Jahresbeginn unverändert, obwohl der Franken gegenüber dem Dollar um fast 9 % aufgewertet hat.

60 % der Exporte laufen über den Euroraum, nur 15 % über die USA. Und gerade bei den US-Exporten dominieren gut kapitalisierte Pharma- und Nahrungsmittelkonzerne, die Währungsrisiken per Hedging absichern können.

Kleinere und mittlere Betriebe haben weniger Instrumente, um sich gegen Frankenstärke zu schützen. Ihre Herausforderungen liegen aber vor allem in der global schleppenden Nachfrage und politischen Unsicherheiten – nicht primär am Devisenmarkt.

Die kräftige Aufwertung des Franken gegenüber dem Dollar bringt überdies nicht nur Herausforderungen für Exporteure, sondern auch handfeste Vorteile für Schweizer Haushalte:

Importierte Konsumgüter und Energieträger, die in US-Dollar gehandelt werden, wie Öl und Erdgas, werden günstiger. Das drückt die Heiz- und Treibstoffkosten und entlastet die privaten Budgets.